Scheringen

Dr. Hermann Throm

Gymnasialprofessor (1903—1985)
In Memoriam  

Reinhold Ballweg

Am 12. Mai 1985 verstarb im 82. Lebensjahr Gymnasialprofessor Dr. Hermann Throm. In einer Trauerfeier am 17. Mai 1985 auf dem Handschuhsheimer Friedhof nahm die Schule Abschied von Professor Throm, der von 1938 bis zu seiner Pensionierung 1969 als einer der profiliertesten Lehrer der Alten Sprachen am Kurfürst-Friedrich-Gymnasium Heidelberg gewirkt hat. Ein Chor von Lehrern und Schülern sang eine Horaz-Ode. Abschiedsworte sprachen u. a. Pfarrer Franz Grass, Schulleiter Dr. Dietz und Herr Dr. von Herbay (für die ehemaligen Schüler). 

Gymnasialprofessor Dr. Throm war 30 Jahre lang Lehrer der Alten Sprachen Latein und Griechisch am Kurfürst-Friedrich-Gymnasium Heidelberg. Als er 1938 aus Wertheim nach Heidelberg an obige Schule kam, empfand er dies als große Ehre und als besonderes Glück, denn er hatte sich seinen Beruf und den Aufstieg hart erkämpfen und zäh erarbeiten müssen. Er kam im Jahre 1938 an eine Schule, die in der damaligen nationalsozialistischen Herrschaft eine „humanistische Oase“ war, wie Prof. Throm es selbst bezeichnete – eine Oase liberalen Geistes. 

Im Jahre 1903 in Scheringen geboren, wuchs er in einem bäuerlichen Betrieb auf, in dem er, wie seine vier Geschwister, besonders nach Ausbruch des 1. Weltkrieges hart mitarbeiten musste. Neben der Arbeit erhielt er von zwei Geistlichen, hauptsächlich durch seinen Heimatpfarrer Georg Mayerhöfer, Privatunterricht, so ss er 1918 in die Untertertia der Lenderschen Anstalt in Sasbach eintreten konnte. 1920 bestand er (unter Überspringung einer Klassenstufe) die Aufnahmeprüfung in die Obersekunda des Gymnasiums Tauberbischofsheim, wo er 1923 die Reifeprüfung bestand und die Abiturientenrede halten konnte. Diese Rede über das Thema Heimat war wohl angeregt durch die Akademische Ferienverbindung Silvodinia. 

Das Studium der Alten Sprache, Geschichte und Archäologie führte ihn nach Freiburg i. Br. An der Universität Freiburg beeindruckte ihn besonders Prof. Immisch, der seine Vorlesungen in lateinischer Sprache hielt. Im Herbst 1928 schloss er das Studium mit der wissenschaftlichen Staatsprüfung in Latein und Griechisch als Hauptfächern, in Geschichte als Nebenfach und dem allgemeinen Prüfungsfach Philosophie mit der Note „vorzüglich“ ab. Gleichzeitig promovierte er „magna cum laude“ mit der literarisch-rhetorisch-philosophie-geschichtlichen Untersuchung über die „Thesis“ (Aristoteles). Seine ersten pädagogischen Erfahrungen als Referendar sammelte er am Berthold-Gymnasium in Freiburg, wo ihn die Professoren Leo Wohleb, der berühmte Latinist und spätere Staatspräsident in Baden, und der bekannte Gräzist Franz Eckstein in die Theorie und Praxis des Unterrichts einführten. Anschließend war er zu wissenschaftlichen Studien beurlaubt. (Kritik an F. Solmsen, Die Entwicklung der aristotelischen Logik und Rhetorik, siehe J. Geffcken, Griechische Literaturgeschichte 2 Anm. S. 182, 3.2/ Heidelberg 1934). 

Seine Erfahrungen vertiefte er als Lehrer im Landerziehungsheim von Schloss Salem und für kurze Zeit am Gymnasium Rastatt, von wo er aus politischen Gründen 1934 an das Gymnasium in Wertheim strafversetzt wurde. Infolge seiner hervorragenden dienstlichen Leistungen kam er schließlich 1938 an das renommierte Kurfürst-Friedrich-Gymnasium Heidelberg. 

Seine militärischen Abenteuer als Kraftfahrer während des 2. Weltkrieges endeten mit schweren Erkrankungen. 1946 konnte er seine Tätigkeit am KFG wieder aufnehmen. Er hatte in den folgenden Jahren maßgeblich Anteil an dem inneren Wiederaufbau der Schule und machte sich auch einen Namen als Fachmann des altsprachlichen Unterrichts, was schließlich durch die Ernennung zum Gymnasialprofessor im Jahre 1959 die verdiente Anerkennung fand. 

Neben dem Unterricht widmete er sich, auch auf vielfachen Wunsch der Kollegen, unter großen Mühen und Entsagungen dem Entwurf einer neuen lateinischen Grammatik und der Arbeit an Übungsbüchern. 1959 erschien der neue Band 3 des Übungsbuchs „Fundamentum Latinum“; 1964 konnte endlich auch seine „Lateinische Grammatik“ veröffentlicht werden, die ihn bald im ganzen Land und über die Grenzen des Bundeslandes hinaus in Fachkreisen bekanntmachte, weil sie methodisch-didaktisch und in mehreren Fachfragen neue Wege einschlug. Noch heute wird die Grammatik von Prof. Throm in den Schulen benutzt, denn sie war so geschrieben, ss jeder Schüler sich gut allein zurechtfinden konnte und sie ihm während der ganzen Schulzeit ein zuverlässiges Nachschlagewerk war. Doch der Erfolg seiner Grammatik war für Prof. Throm mit der Schwächung seiner Gesundheit erkauft. Zeit seines Lebens musste er auf seinen Gesundheitszustand Rücksicht nehmen. Vieles, was er durch Zähigkeit und Einsatz für die Sache erreichte, musste er sich und seinem Körper abringen. 

Die Kraft zu seiner geduldigen Arbeit als Pädagoge und zur Bewältigung der anderen Aufgaben, die er übernommen hatte, gaben ihm seine Familie, sein katholischer Glaube und seine humanistische Überzeugung. Als Humanist schrieb er vor fast 30 Jahren in das „Goldene Buch“ der Schule: „Auch im Geistigen muss der Mensch wieder eine Heimat, ein Eigenheim, erhalten. Dauerhafte Bausteine hierzu finden wir in den ewigen Wahrheiten und Werten eines zeitlosen Humanismus“. Und weiter: „Die Antike lehrt uns Besinnung auf den Menschen und seine Würde gegenüber den entfesselten Gewalten der Technik und unmenschlicher Dämonie“. So war es für Prof. Throm ganz selbstverständlich, zusammen mit Kollegen und Freunden der Schule 1933 den „Verein der Freunde des Humanistischen Gymnasiums Heidelberg“ ins Leben zu rufen und mehrere Jahre aktiv im Vorstand als Kassenwart mitzuarbeiten. 

Auch in seinem Glauben war er tief verwurzelt. Er war ein praktizierender Katholik und bekannte sich dazu. Vor Hitlers Machtübernahme trat er aktiv gegen die NSDAP auf. Später, in Wertheim, war er als regelmäßiger Kirchgänger Angriffen der Partei ausgesetzt. Am KFG in Heidelberg, an das er 1938 versetzt wurde, fand er jedoch eine geistige Heimat. Hier konnte er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1969 im Geiste des Humanismus und nach seiner christlichen Überzeugung unterrichten. An den Grundwerten, nach denen er sein Leben ausgerichtet hatte, hielt er stets fest, aber auch an politischen Überzeugungen. 

So wurde er CDU-Mitglied, und so war er in jener Zeit, als es um die Bildung des Südweststaats ging, ein engagierter Anhänger der Partei des alten Landes Baden. Auch eine starke Heimatliebe sprach hier mit. Seine Meinung vertrat er vor Kollegen und Schülern, wenn der Augenblick dazu gekommen war, mit Nachdruck. 

In der Schule war er ein anerkannter Fachmann und als Lehrer und Mensch eine Autorität, die von Natur aus überzeugte, auch wenn sie sich einmal bewusst der eigenen stimmlichen Mittel bediente. Von den Schülern verlangte er viel, sie liebten ihn, denn er hatte in vielen Dingen Verständnis für sie, vor allem, wenn sie in Schwierigkeiten waren. Er half ihnen durch Rat und auch durch die Tat, als er z. B. Schüler seiner Klasse vor dem Zugriff der NSDAP schützte. 

Prof. Throm war ein Mann, der seinen Beruf über alles liebte, der sich aber nicht vordrängte, der immer freundlich und dabei zurückhaltend war. Das Bodenständig-Bedächtige seiner Heimat war ein Grundelement seiner Persönlichkeit und schützte ihn vor voreiligen Schlüssen und Fehleinschätzungen. Er überlegte eine Sache gründlich, bevor er sie annahm, und war ein kritischer, unbestechlicher Beobachter aller Vorgänge. Vorkommnisse in der Schule ließ er, indem er sie in eine höhere Ordnung hob, ins Latein übersetzen. Sein trockener Humor äußerte sich oft unerwartet und in kurzen treffenden Bemerkungen. 

Prof. Throm hielt nach seiner Pensionierung engsten Kontakt zur Schule, indem er an Schulveranstaltungen teilnahm, Klassentreffen seiner ehemaligen Schüler besuchte und Würdigungen von Kollegen verfasste. Das Geschehen an der Schule verfolgte er genau. Anlässlich der Projekt- und Studientage der Schule im Juni 1982 berichtete er Schülern, die die jüngste Geschichte des KFG erforschten, als Interviewpartner von seinen Erlebnissen und Erfahrungen in schwerer Zeit. Durch seine plötzliche Krankheit war es ihm zuletzt nicht mehr vergönnt, die jüngste Neuauflage seines lateinischen Übungsbuchs „Fundamentum Latinum“ dem Schulleiter persönlich zu überreichen; wie er es gewünscht hatte. Die Schule freilich wird ihn nicht vergessen; zu tief sind die Spuren, die er hinterlassen hat. Es bleibt das Bild eines aufrechten Mannes, von dem mit dem römischen Dichter Horaz, den Prof. Throm so schätzte, gesagt werden kann: Er war „integer Vitae scelerisque purus“, rechtschaffen in seinem Leben und frei von schlechten Taten. Nichts kann einen solchen integren Mann innerlich zugrunde richten; ihn schützt seine innere Freiheit. 

Prof. Throm hat das ihm verliehene Leben zur Blüte, zur Akmé, und zu dem ihm zugedachten Telos gebracht, zu einem sinnerfüllten Ende, das nun abgelöst wird von einem neuen lichterfüllten Anfang. 

Wir danken ihm von Herzen für alles, was er auf seiner irdischen Wegstrecke für die Schule getan hat. 

Alles Lebendige wirkt, auch wenn sein Träger gestorben ist! 

So schrieb ein ehemaliger Schüler: „Als Professor Dr. Hermann Throm vor über 25 Jahren mit seiner Untertertia die Feinheiten eines lateinischen Lesestücks mit dem Thema ,Fußballländerspiel Germania contra Italiam“ besprach, das er für den dritten Band seines Lehrbuches gerade verfasst hatte, merkten wir Schüler — wie so oft —, dass seine sprachliche Kompetenz kaum zu überbieten war. Aber er ließ auch sein pädagogisches Geschick spüren, indem er uns Schüler bei sportspezifischen Problemen zu Rate zog und unsere Ratschläge in dem Lesestück verarbeitete.“ 

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