Scheringen

Recht und Gericht – 790-1990

Erich Hess

Der Grenzwall (Limes) der Römer hat mit seinen Befestigungsbauten etwa 200 Jahre lang die Verteidigung des von den Römern eroberten Landes zwischen Neckar und Main bewirkt und die Germanen auf ihrer Wanderung nach Westen aufhalten können.
Der Limes hat aber auch bewirkt, dass die nomadisierenden germanischen Volksstämme, fehde- und beutelustig wie sie waren und aufgeteilt in viele kleine Völkerschaften, zum Ackerbau und zu festen Ansiedlungen gezwungen wurden.
Zunächst nahmen die Alemannen (von Allmeinde = Gemeinschaft, Bundesgenosse oder von = alle Mannen) unser Land in Besitz. Hier hatten sich die Buccinobauten (= die Bewohner des Buchenstrichs oder des Buchengaus) sesshaft gemacht.
Die Alemannen gaben das Gebiet auf. Für kurze Zeit siedelten sich die Burgunder an, bis sie im mittleren Rheingebiet ihr berühmtes Reich gründeten. Die Alemannen kamen zurück, wurden etwa um das Jahr 500 von den Franken Freien) endgültig verdrängt.
Diese drückten in der Folgezeit dem Land um den Main unauslöschlich ihren Stempel auf, denn die Besiedlung und Inbesitznahme durch die Franken war nun bleibend. Sie vermischten sich mit der bei der Besetzung vorhandenen alemannischen Bevölkerung, die zurückgeblieben war.
Es zogen gemeinfreie und edelfreie Franken in unsere Gegend. Daraus entstand ein Mischvolk, Ostfranken genannt, mit der Hauptstadt Würzburg. In Sprache, Sitte, Recht und Verwaltung gaben allein die Franken in der Folgezeit den Ton an.

Der Gau, Gauverfassung, Gaugericht

Alles Land gehörte dem König. Auch das Gut der Kirche sah er als sein Land an, weil er es ja war, der die Bistümer und die großen Abteien vergab.
Der König teilte das Land in Gaue ein. Diese Gauverfassung reicht in ihrer Entstehung bis ins sechste Jahrhundert zurück. Der Gau war wieder aufgeteilt in Hundertschaften oder Centen. Diese bestanden aus je 10 Dekanien = 10 Höhe, später Vogtei genannt.
Mehrere Gaue bildeten zusammen ein Stammgebiet oder eine Provinz.
An der Spitze des Gaues stand als königlicher Beamter der vom König eingesetzte Gaugraf. Er hatte die Aufgabe, äußere Feinde und Angreifer und innere Feinde abzuwehren sowie die wehrtüchtigen Männer des Gaues zu stellen und zu führen, war also mit der Regierungs-, Richter- und mit der militärischen Gewalt ausgestattet.
Unser Ort Scheringen (von Ansairingen Leute des Ansherr oder von seera, scher = Fels, also die bei den Felsen Wohnenden) gehörte zum Grenzgau „Wingarteiba“, d. h. Weingartengau, eine Bezeichnung, die für die rauen Höhen des Odenwaldes wie Ironie lautet (so treffend Dr. Th. Humpert in seinem Buch über Mudau, zweite Auflage 1954).
Der Gau „Wingarteiba“ beschrieb den ganzen südlichen Odenwald und das Bauland, also das Land zwischen Mosbach, Eberbach, Amorbach, Buchen, Osterburken und Adelsheim (siehe Karte, Seite 20). Er entstand im Beginn des achten Jahrhunderts und kommt bis ins zwölfte Jahrhundert vor, bis die Gründung der Ortschaften mit den Endsilben „berg“ und „tal“ abgeschlossen war. Eine Fortsetzung des Namens in den späteren Bezirken, insbesondere in Baden, ist nicht feststellbar.
Zu Beginn des achten Jahrhunderts dürfte der Sitz des Wingarteiba Gaugrafen in Amorbach auf dem Gothardsberg gewesen sein. Auf der Burg Eberbach dürfte sich ebenfalls ein Gaugrafensitz befunden haben. Ein Teil der Wingarteiba fiel im achten Jahrhundert an das Kloster Amorbach, andere Teile kamen zur neuen Abtei Mosbach und mit dieser im Jahre 976 zum Bistum Worms. Das vom König übertragene Grafenamt bestand in erster Linie aus der Gerichtsbarkeit, d. h. der Rechtsprechung im Gau.
Der Gaugraf war Vorsitzender des Gaugerichts, das dreimal im Jahr zusammentraf. Es sprach Recht im Namen des Königs. Seine Zuständigkeit bezog sich auf alle Arten von Vergehen oder Verbrechen. Soweit nicht einzelne Orte oder Stände von der Gerichtsbarkeit ausgenommen waren, war der Gaugraf uneingeschränkt zuständig. In geringeren Fällen, d. h. in der niederen Gerichtsbarkeit, waren in manchen Dörfern die Grundherren zuständig, während das sog. „Halsgericht“ nur wenigen Grundherren, wohl aber den meisten Städten zustand.
Die Gerichtsverhandlung fand nach altem germanischem Brauch unter freiem Himmel statt und zwar an alten ehrwürdigen Stätten, unter alten hohen Bäumen. Mit Schranken war der Gerichtsplatz nach außen abgesperrt. Es musste bei Tageslicht Recht gesprochen werden, sog. „Tagding“
Der Graf als Vorsitzender des Gerichts hatte die Rechtsfrage, ob schuldig oder nicht, welche Straftat verwirkt und welche Strafe zu verhängen war, nicht selbst zu entscheiden. Er hatte nur die Verhandlung zu leiten und die Fragen an die Umstehenden, den sog. „Umbstand“, das Volk, zu stellen. Das Urteil wurde also vom Volk gefunden und gesprochen. Der Graf, als Vorsitzender, hatte es lediglich zu verkünden und vollstrecken zu lassen. Daher kommt es wohl, dass auch heute noch von den Vorsitzenden der Strafgerichte die Urteile „im Namen des Volkes“ verkündet werden.
Es durften jedoch nicht alle um die Schranken des Gerichts versammelten Personen an der Entscheidung über die zur Verhandlung stehende Straftat und das Strafmaß mitwirken, sondern nur die „voll freien“ Männer. Schließlich kam es dazu, dass nur noch bestimmte Personen, nämlich eine genau festgelegte Anzahl von Männern, das Urteil sprachen. Diese „Dingpflicht“, d. h. die Pflicht am Gericht teilzunehmen, wurde schließlich auf drei jährliche Gerichtstermine beschränkt. Damit wollte man erreichen, daß immer genügend rechtskundige Urteilsfinder anwesend waren. Die sog. „Königsboten“ wählten für jedes Gaugericht sieben oder zwölf Männer aus, die einen Amtseid zu leisten und die im Gericht des Grafen als „Schöffen“ (von scapian – schaffen, Recht schaffen oder Recht schöpfen) das Urteil zu finden hatten.
Das Schöffentum ist allerdings, obwohl es im hohen und späteren Mittelalter eine große Blüte erlebte, über das fränkische und sächsische Gebiet kaum hinausgedrungen. In England dagegen konnte es sich bleibend entwickeln. Dort und in den Vereinigten Staaten ist das Laienelement im Strafrecht heute noch stark vertreten. Von England kam es über die „bill of rights“ (1628) nach Deutschland zurück. In unserem modernen Recht, vor allem im Strafgerichtsverfahren, aber auch im Verfahren vor den Sozial- und Arbeitsgerichten, haben die Laien nach wie vor eine starke Position. Sie sind bei der Urteilsfindung und bei der Abstimmung über das Strafmaß u. dgl. den Berufsrichtern völlig gleichgestellt.

Die Cent, Verfassung, Gericht, Cent Mudau, Dorfgerichte

Die Gaue verloren nach und nach ihre Bedeutung. Die fränkische Grafschaftverfassung verfiel allmählich, denn aus den königlichen Beamten, den Grafen, wurden erbliche Lehensträger. Es blieben jedoch die Centen als Gerichts- und Verwaltungsbezirke zurück.
Es ist nach wie vor bestritten, woher der Name (centena – Hundertschaft) kommt, ob von den hundert Heermännern, die eine militärische Einheit waren, oder von den hundert Huben, die eine r ä u m I i c h e Einheit darstellten. Im Rahmen dieses Aufsatzes ist es nicht möglich und nicht nötig, diese Frage zu klären. Für unsere Betrachtung ist die Cent der räumliche Bezirk, in dem sich eine oder mehrere Sippen niederließen. Etwa einhundert Krieger, mit ihren Angehörigen, ergriffen Besitz von dem eroberten Gebiet oder siedelten sich in dem ihnen vom König zugewiesenen Bezirk an. Dabei erhielt jeder Krieger – nur dieser konnte Vollbürger sein – seine Hube zugeteilt, die so groß war, dass sie eine große Familie ernähren konnte, nämlich etwa dreißig Morgen, d. s. zehn bis zwölf Hektar Land.
An der Spitze der Cent stand der Centgraf. Dieser wurde ursprünglich von den Angehörigen der Cent gewählt. Er hatte die Aufgabe – ähnlich wie der Gaugraf- für den Schutz gegen Angreifer (militärische Aufgabe) und für den Schutz gegen innere Feinde (richterliche Aufgabe) zu sorgen sowie den Einzug und das Abführen der Abgaben an den König vorzunehmen.
Er hatte auch die Gefängnisse zu überwachen und für den Vollzug der Urteile zu sorgen. Dabei war er u. a. Vollstreckungsbeamter und Hilfsorgan des Gaugrafen beim Vollzug der Urteile des Gaugerichts. Zudem hob er die waffenfähigen Männer in seinem Centbezirk aus, sorgte für dessen Ausbildung, führte sie in Kriegs- und Friedenszeiten und zog, wie erwähnt, die Abgaben ein.
Der Centgraf war Vorsitzender des Centgerichts. Jeder in der Cent Ansässige musste regelmäßig dreimal im Jahr – mindestens jedoch einmal jährlich – am Ort des Gerichts zur Verhandlung des „Dings“ (Vollgericht) erscheinen. Stand außerhalb der regelmäßigen Sitzungen ein dringender Fall zur Entscheidung an, wurde ein Sondergerichtstermin anberaumt.
Es war zeitraubend für die Cent-Genossen, an den ordentlichen und den besonderen „Dingen“ teilzunehmen. Deshalb beschränkte man sich, wie beim Gaugericht, zunächst nur bei den Sondergerichtsterminen, auf eine gewisse, besonders ausgewählte Zahl von Urteilsfindern (Schöffen). Diese wurden vereidigt und besonders vergütet. Die Schöffen fanden schließlich auch bei den ordentlichen Sitzungen das Recht, ohne jedoch die Umstehenden (Umbstand) ganz ausschließen zu können. Diese Umstehenden stimmten dem Urteil zu und bestätigten es.
Aus dieser Mitwirkung bei Gericht ergab sich auch die Pflicht, für sämtliche Einwohner des Cent-Bezirks jeden Friedensbrecher, Unruhestifter u. dgl. zu verfolgen oder bei seiner Festnahme mitzuwirken.
Nach dem Verfall der Gaugrafenverfassung wurde der Gau, wie erwähnt, mehr oder weniger zu einem Territorium. Der Centgraf, bisher Untergebener und Vollstreckungsbeamter des Gaugrafen, trat an dessen Stelle mit sämtlichen Rechten. Diese Rechte hatten zum Inhalt, die hohe Gerichtsbarkeit wie den Blutbann, ferner die Zuständigkeit bei bestimmten Fällen, wie Mord, Notzucht, Mordgeschrei, bindbare Wunden, Ehrenhandel zu entscheiden. Hinzu kam, wie bereits angedeutet, das Recht des militärischen Aufgebots, das Recht des Geleits durch das Cent-Gebiet, das Recht der Steuer, der Schatzung, der Befestigung, des Fremdlings- und Jugendschutzes sowie des Wildbanns. Die Cent blieb also nicht nur Gerichtsbezirk, sondern sie war auch Verwaltungs- und Steuerbezirk.
Zur Zeit der Gründung von Scheringen im 10. und später im II. Jahrhundert waren es die Grafen, als Vertreter des Königs, die hier in unserer Gegend Richter und Verwaltungsbeamte waren. Im 12. und 13. Jahrhundert traten an ihre Stelle die Edelherrn von Dürn, später die Erzbischöfe von Mainz.
Die Centen Mudau, Buchen, Walldürn, Amorbach, Bürgstadt, Osterburken, die nach der dort liegenden Gerichtsstätte benannt wurden, überdauerten die Jahrhunderte.
Scheringen gehörte zur Cent Mudau oder zur oberen Cent, und zwar zu den 11 unmittelbaren Cent-Orten neben Mudau, Donebach (Dumbach), Langenelz, Unterscheidental, Schloßau, Steinbach, Rumpfen, Mörschenhardt, Limbach und Reisenbach (siehe Karte Dr. Th. Humpert a. a. O. S. 58).

Nach dem „Verzeichnis aller Stätt, Dörfer, Weyler und Hoeff, so dem Hochwürdigten, dem erzbischoven und Churfürsten zue Maintz … zuständig“ hatte Limbach mit den beiden Scheringen im Jahre 1573 zusammen 51 Cent-Männer und war Teil der Cent Mudau.
In Mudau wurde zweimal im Jahr, gewöhnlich im Frühjahr und Herbst, unter der Linde beim Rathaus Centgericht gehalten. Der Centknecht rief alle Centgenossen oder die vierzehn Centschöffen, die Zeugen, die Parteien (Kläger und Beklagter), den Gerichtsschreiber und die Fürsprecher (Rechtsanwälte) zum Gerichtstermin zusammen.
Das Centgericht bildete der Centgraf und in Mudau 14 – in Osterburken 13 – Centschöffen. Die Centschöffen hatten ihr Amt ein Leben lang zu bekleiden. Sie ergänzten sich immer wieder selbst durch Hinzuwahl. Sie waren, wie erwähnt, vereidigt. Vereidigt wurden auch die Zeugen. Der Eid spielte im Verfahren vor dem Centgericht und den anderen Gerichten eine wesentliche Rolle.
Die 14 Schöffen wurden von den Ortschaften Mudau und Steinbach (je zwei) sowie Rumpfen, Donebach, Mörschenhardt, Langenelz, Limbach (mit Scheringen), Kailbach, Oberscheidental, Robern, Balsbach und Laudenberg (je eins) gestellt. Ob und dass in Mudau – wie Dr. T h. Humpert a.a.O. S. 69 meint – auch ein Hofgericht seinen Sitz hatte, erscheint mir fraglich. Dafür konnte ich keinerlei Belege oder Nachweise finden. Das für unseren Centbezirk später zuständige Hofgericht hatte seinen Sitz in Walldürn.
In den einzelnen Ortschaften der Cent waren zur Regelung wirtschaftlicher Angelegenheiten, zur Schlichtung der persönlichen Streitigkeiten, zur Bestrafung kleinerer Vergehen und Übertretungen sog. „Rug“ – „Schultheißen“ – oder „Gewährs“-Gerichte, die Ortsgerichte, vorhanden. Vorsitzender war in der Regel der Schultheiß. Dieser sprach Recht und schlichtete im Namen des Dorfherren, des „Vogtes“, zusammen mit 2, 4, 7 oder mehr Schöffen, je nach Größe des Ortes. In den Fällen, wo das Dorfgericht oder die Schöffen die Sache „nit verstunden“ verwiesen sie diese „uff de zente“. Auf alle Fälle war die Zuständigkeit nicht mehr gegeben für „gesamte Fall, so unter den 4 Cent Articulen, als Mordgeschrey, bindbare Wunden, beweister Dieb stahl und alles, was die Ehr betrifft, verstanden werden“ (vgl. Strafgesetzbuch der Cent Mudau um 1668).
Weiter gehörten zur Zuständigkeit des Centgerichts „Zauberei, Schwörn, Gotteslästerung, Landfriedbruch, Mord, Totschlag, Notzucht, Blutschande, Brand, Vergiftung, … Ehebruch, Meineid, wissentliche Beherbergung der Übeltäter, Verursachung eines Aufruhrs, Verhetzung der Gemeind wider ihrer Obrigkeit, Diebstahl, so sich aufein Erkleckliches beläuft, Verhehlung oder Mitgeniesung des Diebstahls, Ausgrabung oder Spolierung der Toten, Bestehlung der justifizierten Missetäter an dem Galgen oder auf den Rüdem, Beraubung der Plug oder Mühlen … (zitiert bei Dr. Th. Humpert, a.a.O. S. 70).
Scheringen hatte zunächst kein eigenes Dorfgericht, sondern gehörte zum „Rugegericht“ Limbach. Dieses wurde vom Schultheißen von Limbach und einem oder zwei Schöffen „gehegt“. Es tagte üblicherweise in Limbach, und ab und zu, wie sich eindeutig aus dem Gerichtsbuch (1666 – 1780) ergibt, auch in Scheringen.
Dieses Gericht war zuständig in erster Linie für Strafsachen von geringerer Bedeutung, insbesondere für kleinere Beleidigungen, körperliche Misshandlungen, kleinere Diebstähle und dergl., wie die in dem o. a. Gerichtsbuch aufgeführten Sitzungsniederschriften zeigen; ferner hat das Rugegericht entschieden über zivilrechtliche Streitigkeiten im Grundstücks- u. Kaufrecht (Grundstücks-, Haus-, Viehkauf), in Erbschafts-, Testaments- und Nachbarrechtssachen, die in Limbach und Scheringen – es ist immer wieder die Rede von Ober- und Unterscheringen „geruget“ wurden.
Das vorgenannte Gerichtsbuch aus den Jahren 1666 bis etwa 1780 ist nicht nur für das Gerichtswesen und die rechtlichen und gerichtlichen Verhältnisse von Scheringen in der damaligen Zeit von eminenter Bedeutung, denn es enthält sehr genaue, ins einzelne gehende Eintragungen über die gerichtlichen Verfahren in Limbach und Scheringen. Darüber hinaus enthält es aber auch Eintragungen über Erbschaftsregelungen, Eheverträge, Kauf- und Tauschverträge über Grundstücke und Vieh, ferner über allgemeine Rechte der Einwohner und Pflichten gegenüber dem Kurfürsten von Mainz, dem Kloster Amorbach, über Maße, Gewichte, Steuern, Abgaben, Judenschutz, Religions- und Gerichtszugehörigkeit und vieles andere mehr.
Wegen dieser großen Bedeutung für unser Ort gebe ich einige Auszüge im Anhang zu meinen Ausführungen im Original (mit angeschlossener Übersetzung) wieder. Alles, was zuvor ausgeführt ist, gilt im Wesentlichen für das Strafrecht und den Strafprozess. Die nachfolgenden Ausführungen betreffen ebenfalls noch diesen Sachbereich. Neben dem Centgericht war als oberstes Gericht das Reichskammergericht, allerdings nur subsidiär, d. h. „soweit durch landesherrliche Bestimmungen nicht anderes befohlen“ war, zuständig.
Ferner waren neben den zuvor beschriebenen Gerichtsinstitutionen des germanischen Rechts (Gau- und Centgrafen sowie Rugegericht) durch die sog. Rezeption des römischen Rechts im 15. Jahrhundert und durch die Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte Elemente des römischen, vor allem auch des kanonischen Rechts, getreten. Es entstanden neben weltlichen Strafgerichten geistliche Gerichte.
Hatte im Herrschaftsgebiet der Franken, also zunächst auch in Scheringen, das salische Recht die Grundlage für die Rechtsfindung im Strafprozess dargestellt, und urteilten die Cent- und Ortsgerichte daneben auch nach Brauch und Herkommen sowie nach gesundem Menschenverstand, so galten etwa ab der Wende zum 16. Jahrhundert – auch im Kurfürstentum Mainz, und damit in Scheringen – die sog. Halsgerichtsordnungen. Auf Drängen des Reichskammergerichts wurde auf dem Reichstag von Regensburg (1532) eine Halsgerichtsordnung als „Karl V und des heiligen Römischen Reiches peinlich Gerichtsordnung“ beschlossen und im ganzen Reiche eingeführt. Sie war als Strafprozessordnung angelegt, enthielt jedoch auch Bestimmungen über materielles Strafrecht, denn es war darin auch festgelegt, „wann und wie die peinlichen Strafen geschehen sollen“.
Die sog. Carolina galt ebenfalls nur subsidiär, d. h. sie wollte nach ausdrücklicher Bestimmung in der Vorrede den Ständen von ihren „wohl hergebrachten, rechtmäßigen und billigen Gebräuchen“ nichts wegnehmen. Für die kurmainzischen Lande, also auch für unser Dorf, wurde die Carolina übernommen und zum Teil noch durch Tatbestände (z. B. Wilderei) ergänzt. Die Strafen der Carolina waren die Leibes- und Lebensstrafen, unter ihnen die Todesstrafen (Vierteilen, Lebendigbegraben, Pfählen, Feuertod und Rädern; Ertränken, Galgentod, Enthaupten mit dem Schwert), die Verstümmelungsstrafen (Verlust der Augen, Ohren, Zunge, Hand oder einzelner Finger), die Landesverweisung, die Freiheits- und Vermögensstrafen sowie die Ehrenstrafen (Ehrloserklärung und Pranger). Neben diesen „peinlichen“ Strafen kamen seit dem 16. Jahrhundert, insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert, die „bürgerlichen“ Strafen (Bußen) auf, die in den Reichspolizeiordnungen und den territorialen Polizeiordnungen, genannt Landesordnungen, angedroht wurden. Zum Teil enthielten diese Ordnungen auch „peinliche“ Strafandrohungen, ergänzten also die Carolina.
Von besonderer Bedeutung waren in den sog. Polizeiordnungen die Bestimmungen über „Frevel und Bußen in bürgerlich-gemeinen Stücken“. Z. B. betrug in der Cent Mudau und damit auch in Scheringen, im Jahre 1654 die Grundlage der Bußen, also die Gerichtsstrafe, dreißig Schilling, im Jahre 1668 fünfzehn Albus (etwa dreißig bis vierzig Kreuzer). Beim Rugegericht Limbach betrug die Gerichtsstrafe zweiundzwanzigeinhalb Kreuzer. Diese Bußen wurden je nach Schwere der Straftat vervielfacht.
Die Bußen waren in den einzelnen Gerichtsbezirken und Ortschaften nicht gleich, sondern nach Tradition und Überlieferung verschieden. Sie änderten sich auch im Laufe der Jahre. Auch die Verteilung der Bußen an den Centherren, den Centgrafen, die Centschöffen und dergl. waren verschieden.
Unter den bürgerlichen Strafen spielte neben den Bußen die Turmstrafe eine große Rolle. Insbesondere im 18. Jahrhundert standen dadurch dem Landesherrn billige Arbeitskräfte zur Verfügung.
Verhängte das Centgericht Mudau Haftstrafen, wurden diese im Mudauer Kerker vollstreckt. Bei Verhängung der Todesstrafe wurde die Vollstreckung, nach Bestätigung durch das Kurmainzische Hofgericht, in Anwesenheit der Gerichtspersonen und einer schaulustigen Menge in Mudau am Galgen vorgenommen durch Erhängen, Rädern oder Enthaupten und dergl.
In dem o.a. Gerichtsbuch (für Limbach und Scheringen) ist wiederholt die Rede von Kerker- oder Turmstrafen, die in Amorbach vollzogen wurden.
Die letzte Hinrichtung am Galgen in Mudau fand im Jahre 1760 statt.
Die durch die Vollstreckung des Urteils entstehenden Kosten sowie die Kosten für die Errichtung und Unterhaltung des Galgens, für die Bezahlung des Scharfrichters etc. waren von allen Einwohnern der Cent zu tragen. Unter den bürgerlichen Strafen waren von weiterer besonderer Bedeutung die öffentliche Arbeit (auf der Stufe der Turmhaft), die Schläge (25 – 30 Schläge „ad posteriora“), die öffentliche Ausstellung mit Schandzetteln an Markttagen in Mudau oder die „Herumführung“ im Heimatort. Es gab für Frauen, die der „Hurerei“ für schuldig befunden worden waren, als Strafe das Ziehen des „Hurenkarrens“. In manchen Landesteilen wurde auch die Strafe der „Ausweisung“ praktiziert.
Dennoch reichten all die Strafandrohungen und Tatbestände in den Polizeiordnungen nicht aus, um das , Jauner- und Vagantentum“, das Anfang des 18. Jahrhunderts auch in unserem Raum die öffentliche Ordnung ernsthaft bedrohte, zu verhindern. Eine umfassende Sondergesetzgebung war nötig. In einer Verordnung der fürstlichen Häuser von Baden und Speyer aus dem Jahre 1727 hieß es, dass „fremdes Bettelvolk, Pfannenflicker, Scherenschleifer, Hausierer, Spielleute, Betteljuden, unbeglaubigte Pilgrim“ beim ersten Aufgreifen abgeschoben, beim zweiten mit Turm und Peitsche oder anderen Züchtigungen bestraft und aus dem Lande gejagt, beim dritten Antreffen zur Galeere oder anderen öffentlichen Arbeiten geschickt, beim vierten Mal mit wirklicher Todesstrafe belegt werden sollten.

Hexenprozesse

Bevor ich auf die weitere rechtliche Entwicklung auf strafrechtlichem Gebiet, insbesondere die Entstehung der Territorialstaaten, eingehe, möchte ich noch auf die, auch in unserer Gegend unter dem Erzbischof von Mainz ganz besondere Bedeutung und Auswirkung zeigenden Hexenprozesse zu sprechen kommen.
Diese waren Ausnahmegerichte des 16. und 17. Jahrhunderts, die insbesondere in den katholischen Gegenden des Oberrheins und in unserem Raum, der zum Teil zum Bistum Mainz und zum Teil zum Bistum Würzburg gehörte, die Blutjustiz über Aberhunderte von Opfern ausübten. Allein im Bistum Würzburg wurden unter Bischof Adolf von Ehrenberg (1623-1631) durch die Inquisition (Hexenprozessverfahren) rund 900 Personen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Die Verfolgung der Hexen geschah in einem Verfahren, das bewusst regelwidrig, d. h. in Abweichung von der Carolina, durchgeführt wurde, weil das Hexentreiben der oder dem Delinquenten unterstellt wurde. Die Anwendung der Folter erfolgte regelwidrig. Rechtliches Gehör und Verteidigung waren im Hexenprozess ausgeschlossen. In der Rechtsfindung waren die Hexengerichte nicht an Gesetz und Recht gebunden. Wer der Hexerei für schuldig befunden wurde, galt von Gott und der Kirche abgefallen. Auf dem Abfall von der Kirche stand auch dort, wo bestimmte Straftatbestände fehlten, die Ketzerstrafe, d. h. der Feuertod. Das 1647 von Fürstbischof von Würzburg, dem späteren Kurfürsten von Mainz, erlassene Verbot der Hexenprozesse bedeutete das Ende dieser grausamen und menschenunwürdigen Verfahren.
Durch die Hexenprozesse wurden die Menschen, insbesondere auch in unserem Raum, die ohnehin schon durch Steuern, Abgaben, Spann-, Fron-, Militär- und Gefolgschaftsdienste, Besatzung, karge Ernten, Hungersnöte, Epidemien und dergl. genug zu dulden hatten, auf eine weitere harte Probe gestellt.
Trotz entsprechender Nachforschungen konnte ich kein für unser Dorf oder für die nähere Umgebung bedeutsames Hexengerichtsverfahren mit konkreten Einzelheiten finden. In dem Gerichtsbuch (für Limbach und Scheringen) war kein Hinweis auf ein solches Verfahren, das selbstverständlich nicht in die Zuständigkeit des Rugegerichts fiel, zu entdecken.
Waren allein schon für relativ geringe Delikte und Vergehen die Strafen in der damaligen Zeit unverhältnismäßig hoch, galten also für schwere, oft aus Not und Verzweiflung heraus geschehene Taten, harte und unbarmherzige Strafen, wurden für schwere Verbrechen die ohnehin grausamen Strafen an Leib und Leben verhängt, so kam bei den Hexenprozessen zu alledem noch die Willkür, Rechtlosigkeit und die von vornherein bestehender Vorverurteilung der Betroffenen hinzu.

Entstehung des Territorialstaates

Durch die öffentlich-rechtliche Entwicklung in Deutschland wurde den für die Einwohner der Cent bestehenden Selbstverwaltungsrechten immer engere Grenzen gesetzt. Das Schwinden der Macht des Kaisers gab den Herrschern über größere zusammenhängende Gebiete zunehmend die Möglichkeit, diese immer geschlossener und einheitlicher zu gestalten. Bei diesen Bestrebungen nahmen sie immer wieder Bezug auf ihre Centrechte. Aus der obersten Gerichtsbarkeit, dem Geleitrecht auf öffentlichen Straßen und aus dem Recht auf Einziehung der Steuern sowie aus der Militärhoheit leiteten sie die Landeshoheit und schließlich, nach dem Zusammenbruch des Reiches, die volle „Suveränität“ ab. Nicht in allen Orten der Cent Mudau hatte Mainz auch die Vogteilichkeit, verbunden mit der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit, sondern nur in den elf unmittelbaren Orten, zu denen auch, wie bereits erwähnt, Scheringen gehörte. Die sechzehn anderen, nämlich Waldauerbach, Neubrunn-Ernsttal, Hesselbach, Oberneudorf, Kailbach, Einbach, Laudenberg, Galmbach, Stürzenhardt, Oberscheidental, Waldhausen, Heidersbach, Balsbach, Robern, Krumbach und Wagenschwend hatten andere Vogteiherren, z. B. in Waldhausen und Oberscheidental Ritter Jörg Rüdt von Bödigheim, in Heidersbach Wilhelm Rüdt von Bödigheim und Anselm von Eicholzheim, in Balsbach, Robern, Krumbach und Wagenschwend Herzog Otto von Mosbach (zitiert bei Dr. T h. Humpert a.a.O. S. 58; vergl. ferner auch die Hinweise im o. a. Gerichtsbuch).
Über den Umfang der Rechte wurde ständig und ununterbrochen hart und zäh gestritten. Mainz versuchte seine landesherrlichen Rechte gegenüber den Vogteirechten immer weiter auszudehnen. Das Recht auf Steuererhebung war ebenso umstritten. In den Orten, z. B. in Scheringen, in denen die Vogteilichkeit dem Kloster Amorbach zustand, wurde das Recht auf Steuererhebung der Centhoheit zugerechnet (vergl. die Ausführungen im Gerichtsbuch über die „Ober- undt under Scherringer Gerechtsambe“).
Die im Ritterkanton Odenwald zusammengeschlossenen Reichsritter konnten sich gegenüber Mainz bezüglich des Rechts der Steuererhebung durchsetzen. Sie verloren jedoch ihre Selbständigkeit durch die sog. Rheinbund-Akte vom 10. 7. 1806.
Wie bereits erwähnt, änderten sich durch die Rezeption des römischen Rechts im 15. Jahrhundert die bis dahin geltenden Rechts- und Gerichtsordnungen und verloren ihren deutschrechtlichen Charakter. Zwar erfuhr das rezipierte römische Recht unter den verschiedenen Rechtsschulen des Hochmittelalters erhebliche Änderungen; das deutsche Volksrecht und der deutsche Volksrichter, d. h. der Laienrichter wurden schließlich ganz verdrängt. Nach einer Gerichtsordnung von 1495 mussten die Richter des Reichskammergerichts aus Berufsrichtern bestehen, die im römischen und kanonischen Recht geschult waren.
Diese Vorgänge, die Bestrebungen zur Bildung des Territorialstaates und die Rezeption des römischen Rechts, wirkten sich auch auf die Centgerichte aus. Das Finden des Urteils nach Brauch und Herkommen sowie die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Geldbußen wirkten dem Bestreben nach Vereinheitlichung der Rechtspflege entgegen. Die rechtlich gebildeten und geschulten Berufsbeamten begannen eine immer größere Rolle zu spielen. Man versuchte die freie Rechtsprechung der Schöffen durch einheitliche Gesetze und Verfahrensvorschriften immer mehr einzuschränken.
Der Verlauf und das Ende des Bauernkrieges waren willkommener Anlass, mit aller gemeindlicher Selbstverwaltung aufzuräumen. Kurfürst und Erzbischof Albrecht von Mainz entzog durch die Stadtordnungen von 1527 und 1528 den Centgerichten ihre alten Privilegien. Alle wichtigen Entscheidungen wurden von der Genehmigung der vorgesetzten Behörden abhängig. Die Entscheidung der „hohen Malefiz-Sachen“ wurde schließlich den Gerichten ganz entzogen und in die Hand der höheren Beamten gelegt.
Eine „Untergerichts-Ordnung“ von 1534 schrieb vor, „wie und welcher Gestalt an allen und jeden unsern Undergerichten hienfür in Recht gehandelt und procedirt werden soll“. Zu den Untergerichten wurden alle Gerichte, auch die Centgerichte, gezählt, ausgenommen war nur das oberste Hofgericht.
Das gerichtliche Verfahren wird stark formalisiert. Das Laienelement schwindet. Das persönliche Erscheinen und die mündliche Verhandlung treten zurück zu Gunsten der Stellvertretung durch Rechtsanwälte und zu Gunsten des Schreibwerks: Das Gericht musste einen Schreiber haben. Das Urteil musste schriftlich niedergelegt und verlesen werden. Dennoch bewahrten sich die Centschöffen eine gewisse Unabhängigkeit, allerdings nur soweit es sich um die vier Centartikel handelte. Noch das Amtsbuch von 1668 sagt dazu: „bei mehreren besagten Centgerichten hat ein Ambtmann nichts zu schaffen und muß dahero Centgrafen nebens sämbtlichen Schöpfen darinnen allerdings procediren lassen.“
Nach dem 30jährigen Krieg wurde der Begriff „Cent“ völlig neu verwendet und zwar für einen Bezirk, der neu geschaffen, selbständig und mit landesherrlichen Rechten ausgestattet war. Mit dem alten Begriff und mit der damit verbundenen, den Centgenossen zustehenden Selbstverwaltungs- und Richterfunktionen hatte der neue Begriff nichts mehr zu tun. Er bezeichnete einen räumlichen Bezirk, in dem oberste Gerichtsbarkeit und Militärhoheit in einer Hand vereinigt waren. Die Centgerichte verloren immer mehr an Bedeutung.
In Mudau verblieb eine Amtsvogtei mit der Centgerichtsbarkeit. Richter waren der Amtsvogt und zwei Centschöffen.
Zur Amtsvogtei Mudau gehörten Mudau mit Untermudau und Ziegelei, Steinbach mit Mühle und einem Haus im Ünglert, Limbach mit Mühle, Scheringen mit zwei Erbbestandshöfen in Einbach, Einbach mit den beiden Mühlen, Stürzenhardt, Rumpfen, Oberscheidental, Oberneudorf, Mörschenhardt, Donebach mit fünf Mühlen und zwei Häusern im Ünglert, Langenelz, Neubrunn, Schloßau mit Wassermühle, Reisenbach mit Mühle und zwei Häusern, Unterscheidental, Waldauerbach, Schöllenbach. Ferner unterstanden der Centgerichtsbarkeit in Mudau Galmbach und Kailbach, obwohl beide zu Erbach gehörten, Hesselbach, das zu Amorbach gehörte, sowie Laudenberg und Waldhausen, die ritterschaftlich Adelsheim bzw. Bödigheim angeschlossen waren (vergl. schematische Darstellung bei Dr. Th. Humpert a.a.O. S. 59).
Dies war die Lage, als 1803 das kurmainzische Gebiet an die Fürsten verteilt wurde, die ihre linksrheinischen Besitzungen verloren hatten. Der Fürst von Leiningen erhielt als Entschädigung für sein großes Gebiet aufder linken Rheinseite u. a. die Ämter Miltenberg, Amorbach, Buchen, Tauberbischofsheim, Seligental; die Abteien Gerlachsheim und Amorbach. So entstand das Fürstentum Leiningen, zu dem Scheringen 1802/1803 bis zu seiner Auflösung 1806 gehörte.
Fürst Karl Friedrich Wilhelm von Leiningen legte 1803 jeder Gemeinde, die zu seinem Fürstentum gehörte, einen Fragebogen vor, der 88 Fragen über die kirchliche, rechtliche, politische und wirtschaftliche Situation enthielt. Danach ordnete er sein Fürstentum neu, in dem er u. a. ausschließlich nach räumlichen Gesichtspunkten acht Justizämter, nämlich Bischofsheim, Boxberg, Buchen, Eberbach, Hilsbach, Miltenberg, Mosbach und Walldürn schuf.
Damit kam Scheringen zum Justizamt Buchen.
Das Fürstentum Leiningen hatte nicht lange Bestand. Es wurde bereits 1806 mediatisiert, d. h. unter das neu geschaffene Großherzogtum Baden gestellt. Scheringen wurde, auch was Recht und Gericht angeht, badisch. Seit dem westfälischen Frieden (1648) standen dem Landesherrn als Ausfluss der territorialen Gewalt auch die gerichtlichen Hoheitsrechte zu. Er war als solcher Inhaber der Polizeigewalt. Alle Entscheidungen in Strafsachen und die gesamte Strafrechtspflege wurden „als zum Gebiet der Policey angehörig“ angesehen. Eingeschränkt waren beide Rechte nur durch die Zuständigkeit der kaiserlichen Gerichte, sowie die ebenfalls reichsrechtliche begründeten Vorbehalte in der niederen Strafgerichtsbarkeit.
In Baden übte der Markgraf das Amt als oberster Richter – nach Begründung der Landeshoheit und nach Festigung der absolutistischen Regierungsform – entweder selbst oder mit Hilfe seiner Räte aus. Ein Wandel vollzog sich erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Es galt auf strafrechtlichem Gebiet die auf Grund landesfürstlicher Edikte, der sog. Landrechte, die modifizierte Carolina von 1532.
Eine umfassende Neuordnung der Strafgerichtsbarkeit in Baden erfolgte, nach dem schon 1809 der dreistufige Aufbau (Ämter, Hofgerichte und Oberhofgericht) eingeführt war, 1845 durch das badische Gesetz über die Gerichtsverfassung, die Strafprozessordnung und das Strafgesetzbuch.
Nach Gründung des deutschen Reiches wurden in Baden und in den anderen Ländern alle sonst geltenden Bestimmungen auf dem Gebiet des materiellen Strafrechts durch das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 außer Kraft gesetzt.
Das Strafprozessrecht wurde reichseinheitlich durch die Strafprozessordnung von 1877 und den dazu ergangenen Einführungsgesetzen geregelt.
Für die Organisation der Strafgerichte schufen das Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 und die dazu ergangenen Ausführungsgesetze die notwendigen Voraussetzungen.

Zivilrecht

Die vorstehenden Ausführungen betreffen im Wesentlichen das Gebiet des Strafrechts. Ich möchte jetzt noch kurz auf die zivilrechtliche Entwicklung, sowohl was die materiellen Bestimmungen als auch was das Verfahren betrifft, eingehen.
Im Herrschaftsgebiet der Franken, also auch in Scheringen, war zunächst das salische Recht die Grundlage für die Entscheidungen der Gerichte. Dieses wurde als Volksrecht bezeichnet, weil es der Rechtsüberzeugung des Volkes entsprang. Daneben galten die Reichsgesetze, die den Willen und die Anordnungen des Königs enthielten und oft im Widerspruch zu dem Volksrecht standen.
Zu bestimmten Zeiten im Jahr wurde auf dem Lande das ungeschriebene Recht in sog. „Weistümern“ oder „Öffnungen“ durch die Schöffen dem Volk verkündet. Dieser Brauch hat sich über das 16. Jahrhundert hinaus erhalten. Durch Gerichtsurteil über einen bestimmten Fall wurden die Weistümer zu verbindlichen Gesetzen erhoben. Infolge der in den Dörfern, wie Scheringen, bestehenden gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse und der verschiedenen Rechte des Königs sowie der Grundherren musste die dörfliche Bevölkerung sich selbst um die geltenden Gesetze kümmern, einmal um Fragen zu beantworten, zum anderen um sich zur Wehr setzen zu können. Das Volk musste rechtskundig sein. Deshalb wurden die Vorträge über das Recht von Zeit zu Zeit vor der versammelten Dorfgemeinschaft wiederholt, schließlich seit dem 13./14. Jahrhundert niedergeschrieben und verlesen. Diese Niederschriften (Salbücher, Amts- und Jurisdiktionalbücher) waren die Gesetzesbücher, insbesondere auf zivil-, steuer- und abgabenrechtlichem Gebiet. Sie enthielten nicht nur Vorschriften über das materielle Recht, sondern auch über das Gerichtsverfahren sowie Dorf- und Flurordnungen, polizeiliche Bestimmungen, amtliche Erlasse, Vorschriften über Abgaben und wirtschaftliche Gewohnheiten.
Das schon mehrfach von mir erwähnte und für die Beleuchtung des historisch-rechtlichen Hintergrunds von Scheringen so äußerst bedeutsame, aber auch eindrucksvolle Gerichtsbuch enthält eine große Anzahl solcher Öffnungen, Weisungen, Vorschriften und Jurisdiktionalbücher aus der Zeit um die Mitte des 16. Jahrhunderts.
In den „Urbaren“ tritt uns die Organisation des Grundbesitzes unmittelbar entgegen. Diese Organisationsform findet sich sowohl in der königlichen Grundherrschaft wie in den geistlichen Grundherrschaften.
Rechtliche Basis jeder grundherrschaftlichen Organisation ist die Zuordnung der einzelnen Grundstücke oder Hufen als Zubehör zu einer Hauptsache, entweder zu einem Haupthof oder direkt zu dem Kloster oder der Kirche, dem oder der sie zugewendet worden waren. Wesentliche Bausteine dieser Organisation waren die Hufen der abhängigen Bauern. Die Hufe ist nicht immer ein bestimmtes Landmaß, aber stets die Einheit innerhalb des grundherrschaftlichen Verbands.
Die Grundherrschaft ist allerdings mehr als nur Grundbesitz. Sie ist zugleich auch Herrschaft über die den Boden bebauenden Leute, und zwar nicht nur über zins- und dienstpflichtige Unfreie, sondern auch über zinspflichtige Freie. Sie bedeutet zudem die Gerichtshoheit. Die Gerichtsbarkeit des Grundherrn erstreckte sich in dem unmittelbar um seinen Sitz liegenden Bereich sogar auf Leute anderer Grundherren, während Leute, die in entfernter liegenden Bereichen seines Besitzes wohnten, der Gerichtsbarkeit anderer Grundherren unterstanden.
Das Amorbacher Urbar aus dem Jahre 1395 ist ein derartiges Verzeichnis und enthält nicht nur den Grundbesitz, sondern auch die Erträgnisse, die dem Kloster Amorbach zustanden.
Diese Bücher, in denen auch Lasten und Abgaben verzeichnet waren, wurden teilweise im Bauernkrieg vernichtet.
Nach Gründung des Benediktiner-Klosters Amorbach im 8. Jahrhundert, nach neuerer Ansicht erst im 10. Jahrhundert, leisteten seine Mönche nicht nur Missions-, sondern auch Kultur-Arbeit in den Dörfern des Odenwaldes, also auch in unserem Dorf. Sie spendeten die Sakramente, lehrten aber auch den Anbau von Obst, Wein, Gemüse, Flachs; sie gaben ihre Erfahrungen in der Vieh-, Fisch-, Geflügel- und Bienenzucht sowie im Handwerk weiter. Das Kloster erhielt großen Grundbesitz; ferner Verwaltungsrechte und richterliche Aufgaben. Diese Rechte bezeichnete man mit „Vogtei“.
Die weltliche Gerichtsbarkeit und Verwaltung konnte das Kloster nicht selbst ausüben. Ferner mussten zur Bewirtschaftung des großen Grundbesitzes die Mönche weltliche Personen beauftragen, die dafür an das Kloster Abgaben entrichteten.
Die Edelherren von Dürn waren um das Jahr 1000 Schirmvögte des Klosters Amorbach und errichteten auf dem Höhepunkt ihrer Macht die „Wildenburg“. Sie besaßen nicht nur die Vogtei über das Kloster Amorbach, sondern auch über weite Gebiete des südöstlichen Odenwaldes.
Die Vogteiherrschaft umfasste u. a. die niedere Gerichtsbarkeit. Daraus ergaben sich für den Vogtei-Herren gute Einnahmen. 1271 verkauften die Herren von Dürn die Wildenburg und u. a. die Ortschaften der Cent Mudau, also auch Scheringen, mit allen dazu gehörigen Wäldern, Wiesen, Weiden, bebauten und unbebauten Äckern, Wassern, Flüssen, Mühlen, Rechten und Gerechtigkeiten an den Erzbischof von Mainz. Im darauffolgenden Jahr auch das Vogteirecht über das Kloster Amorbach.
Rund 50 Jahre später, nämlich 1318, erwarb der Erzbischof von Mainz zu dem Vogteirecht, also der niederen Gerichtsbarkeit, die u. a. die Bußen für kleinere Diebstähle, Frevel- und Polizeistrafen beinhaltete, auch die höhere Gerichtsbarkeit, nämlich die Cent Mudau.
Zunächst war also das Kloster Amorbach für Scheringen sowohl Grundherr als auch Leibherr. Durch die zuvor genannten Verträge von 1271, 1272 und 1318 wurde Mainz Leibherr, Gerichtsherr und Landesherr, während das Kloster Amorbach Grundherr blieb (bis 1803).
Seit der Wende vom 15. zum 16.Jahrhundert galt das aus der Rezeption des römischen Rechts entwickelte „gemeine Recht“ als Quelle und Grundlage für das Gebiet des Heiligen Römischen Deutscher Nation, also auch für Kurmainz. Daneben galten die sog. Dorf-, Stadt- und Landrechte als partikuläre Rechte weiter. Diese hatten ebenfalls das römische Recht übernommen. Es entstanden im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts die Neufassungen der Partikularrechte. Auch in Kurmainz, damit auch in unserem fränkischen Gebiet, wurde 1582, verbessert 1755, ein Landrecht geschaffen.
Es galt folgender Grundsatz: Dorf- oder Stadtrecht brach Landrecht; Landrecht brach Reichsrecht.
Die Landrechte in den verschiedenen Territorien stimmten weitgehend überein. Sie enthielten Bestimmungen über „Gerichten und seinen Prozessen“, ferner Abschnitte über „Contrakte, Kommerzien und Hantierungen“, weiter über die „Testaments- und letzten Willensgeschäfte“ sowie über „Erb- und Verlassenschaften“.
Diese Situation, d. h. die Geltung nach partikularen Dorf-, Stadt- und Landrechte und des Reichsrechts, galt in unserem Rechtsgebiet bis ins 19. Jahrhundert hinein, also auch nach der Zugehörigkeit zu Baden, solange, bis am 1. 1. 1810 der französische Code civil (seit 1807 Code Napoléon genannt) als „Badisches Landrecht“, allerdings geändert und ergänzt in über 500 Zusätzen, eingeführt wurde. Damit wurden förmlich die „gemeinen Rechte“, die Land-, Stadt- und Dorfrechte, die Rechtsgewohnheiten sowie die Gewohnheitsrechte aufgehoben.
Aufgrund der Reichsverfassung von 1871 waren zunächst nur das Obligationen-, Handels und Wechselrecht in die Gesetzgebungszuständigkeit des Reiches, 1873 das gesamte Zivilrecht, gekommen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) trat zum 1. Januar 1900 in Kraft und gilt seitdem.

Zivilgerichte

Die bereits von mir beschriebenen sog. Rug-, Schultheißen- oder Gewährsgerichte hatten nicht nur die Aufgabe, kleinere Vergehen und Übertretungen strafrechtlich zu behandeln und zu beurteilen, sie waren auch zuständig zur Entscheidung über kleinere zivilrechtliche Streitigkeiten in wirtschaftlichen und persönlichen Angelegenheiten der Bewohner des Orts. Vorsitzender war, wie erwähnt, der Schultheiß mit einer bestimmten Anzahl von Schöffen, beim Ruge-Gericht Limbach/Scheringen der Schultheiß mit einem oder zwei Schöffen.
Daneben war beim Cent-Gericht, auch beim Cent-Gericht Mudau, das für Scheringen zuständig war, ein sog. „Land-Gericht“ als Gericht 1. Instanz – soweit die Sachen nicht vor das Dorfgericht gehörten – eingerichtet. Dieses war besetzt mit dem Cent-Grafen als Vorsitzendem, dem Schultheiß von Mudau, zwei Schöffen aus Mudau und je einem Schöffen aus Steinbach, Langenelz, Donebach, Schloßau und Scheidental. Es hatte neben der Funktion als Gericht vor allem verwaltungstechnische Aufgaben.
Als oberstes Territorialgericht war das Hofgericht in Mainz entweder zweitinstanzliches Gericht für Berufungen gegen Urteile des „Land-Gerichts“ oder als erstinstanzliches Gericht in Sachen von größerem Gewicht. Es gab zudem die kaiserlichen Gerichte, nämlich das Reichkammer-Gericht, als Gericht der ersten und zweiten Instanz, und der Reichs-Hofrat.
Die kaiserlichen Gerichte hatten jedoch für unseren Ort keine Zuständigkeit. Scheringen gehörte zu Kur-Mainz. Die Kurfürsten besaßen kraft Rechts der „goldenen Bulle“ (1356) das Privileg, dass die Entscheidungen ihrer Hofgerichte von den kaiserlichen Gerichten nicht aufgehoben werden konnten, weil sich die Betroffenen nicht an diese Gerichte wenden konnten, es sei denn, das kurmainzische Hof-Gericht hätte nicht binnen bestimmter Frist entschieden („es wäre danne, dass dem kleger recht daselbt versaget würde und ihm nich widerfahren möchte“ – König Wenzel 1387). Dieses Recht besaßen u. a. auch die Reichsäbte, die Reichsstädte, kraft Verleihung.
Das Reichskammergericht war für Reichsunmittelbare, Fürsten und Fürstenmäßige zuständig, während der Reichs-Hofrat aufgrund der Verordnungen von 1559 und 1654 Staatsrat des Kaisers, ferner Gericht mit Sonderzuständigkeiten und Regierungskollegium war.
Grundlage des Zivilprozesses war Gewohnheitsrecht, kanonisches Recht, römisches Recht, die Reichskammergerichtsordnung von 1495 und von 1555, das Gesetz über den Deputationsabschied von 1600 und über den Reichstagsabschied von 1654.
Die Ämter entwickelten ab dem 16. Jahrhundert auch auf dem Gebiet der Zivilgerichtsbarkeit, ohne Rücksicht auf die Streitwerte, eine immer selbständiger werdende richterliche Funktion. Sie traten schließlich ganz an die Stelle der erstinstanzlichen Gerichte und hatten ausschließliche Gerichtsgewalt.
Die Ämter, d. h. die Beamten, ersetzten nicht nur die Dorf- und Stadt-Gerichte, sondern auch die sog. Land-Gerichte. In höherer Instanz urteilte das Hof-Gericht.
Das für unser Dorf in dieser Zeit zuständige Amt oder Amts-Vogtei war in Mudau, das zuständige Hof-Gericht hatte seinen Sitz in Mainz.
Aus der damaligen Zeit konnte ich folgende, für Scheringen und Limbach äußerst bedeutsame, Entscheidung finden: 1737 entschied das mainzische Hof-Gericht, dass Limbach und Scheringen auch von den Kartoffeln den Zehnten zu entrichten hatten. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten blieben die Beamten als erstinstanzliche Richter „für alle Bewohner und Corporationen ihrer Bezirke, ohne Unterschied des Standes“ nach dem Organisationsreskript von 1809 nach wie vor zuständig, als Scheringen zu Baden gekommen war.
Die zivile Gerichtsbarkeit der Ämter wurde durch die Abschaffung der Partrimonialjurisdiktion 1813 erweitert, d. h. die Ämter hatten auch über die Hof-Dienerschaft, vom Kammerherrn abwärts in erster Instanz zu entscheiden.
1803 war in Baden das Ober-Hofgericht „zur letzten Entscheidung in Rechtssachen“ geschaffen worden. Dies hatte seinen Sitz in Bruchsal, von 1810- 1879 in Mannheim. Für die Mittelinstanz wurden zunächst 3 Hofgerichte, dann 1813 ein weiteres ins Leben gerufen. Das für uns zuständige war in Mannheim bzw. in Walldürn.
Scheringen gehörte zum Amt Buchen, einem von insgesamt 119 im Jahre 1809 in Baden bestehenden Ämtern.
Die nachfolgend aufgeführte Übersicht gibt den genauen Bestand des Amtes Buchen im Jahre 1813 an.
Über die zivilgerichtliche Inanspruchnahme der Ämter weist ein Bericht für das Jahr 1853 folgenden Stand aus: 10 680 Vergleiche, 18 023 Urteile, 160 159 Zahlungsbefehle.

Weitere rechtliche und gerichtliche Entwicklung nach der Zugehörigkeit Scheringens zu Baden, nach Gründung des Deutschen Reiches, im III. Reich und nach Schaffung des Grundgesetzes

Es ist hervorzuheben, dass Baden sich erst sehr spät dazu entschließen konnte, auf der Stufe der Untergerichte eine Trennung von Justiz- und Verwaltungsbehörden durchzuführen. Obwohl in Württemberg 1811 bzw. 1818 bereits der Oberamtmann durch einen besonderen Beamten, den Oberamtsrichter, abgelöst worden war und obwohl auch in Baden die entsprechenden Forderungen energisch erhoben wurden, war es erst die nachfolgend zitierte Verordnung vom 18.7.1857, welche die erstinstanzlichen Amtsgerichte schuf und die richterlichen Aufgaben auf den Gebieten des Zivil- und Strafrechts an sie übertrug.
Vorübergehend gab es in unserem Land neben den Hofgerichten sog. Kreisgerichte mit erst- und zweitinstanzlicher Zuständigkeit für Zivil- und Strafsachen (Gesetz vom 19.5. 1864).
Die Schaffung des Kreisgerichts Mosbach war für unseren Raum eine äußerst wichtige Entscheidung. Deshalb sei der entsprechende Erlass hier angeführt:

Nach Gründung des deutschen Reiches und nach der Reichsverfassung vom 16. 4. 1871 nahm das Reich das Justizmonopol des Staates, auch auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts sowie der dazugehörenden Prozessordnungen, für sich uneingeschränkt in Anspruch. Alle Vorbehalte der Standes- und Grundherren, mit Ausnahme des Landesherrn und seiner Familie, alle Privilegien der Kirche und der Universitäten wurden beseitigt. Das Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 stellte u. a. fest: „Alle Gerichte sind Staatsgerichte.“ Ferner: „Die Ausübung einer geistlichen Gerichtsbarkeit in weltlichen Angelegenheiten ist ohne bürgerliche Wirkung.“
Auf der Grundlage des Gerichtsverfassungsgesetzes ergingen die Landesgesetze.
Es bestand die Gefahr, dass das für unser Hinterland so wichtige Kreisgericht Mosbach abgeschafft und unser Raum zum Landgericht Mannheim – wie früher schon der Fall – geschlagen werden sollte. Deshalb wandten sich mit einer fünf Seiten umfassenden „Ehrerbietigen Bitte die Gemeinderäthe zu Wertheim, Tauberbischofsheim, Buchen, Boxberg, Adelsheim, Walldürn und Mosbach sowie die Mitglieder der Kreisversammlung des Kreises Mosbach“ wegen „Die Umwandlung des Kreisgerichts Mosbach in ein Landgericht betr.“ an das „Hohe Ministerium der Justiz“ in Karlsruhe. Mit Erfolg. Denn mit Verordnung vom 23. 4. 1879 wurden in Baden Sitz und Bezirk der Gerichte festgelegt. U. a. wurde das Kreisgericht Mosbach in ein Landgericht umgewandelt. Der Bezirk des Amtsgerichts Buchen, zu dem Scheringen gehörte, wurde festgeschrieben.
1879 wurde auch die Errichtung eines Oberlandgerichts an Stelle des Oberhofgerichts angeordnet. Es wurde das Oberlandgericht Karlsruhe gegründet, zu dem Scheringen gehörte. Das Verfahrensrecht der bürgerlichen Gerichtsbarkeit wurde durch die Zivilprozessordnung vom 30. 1. 1877 reichseinheitlich geregelt. Am 10. 2. 1877 erging eine Konkursordnung.
Als oberste Instanz in Zivil- und Strafsachen wurde 1879 das Reichsgericht geschaffen. Nachdem in Baden bereits 1863 die sog. Verwaltungsgerichte, zuständig für alle gerichtlichen Maßnahmen gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörden, geschaffen worden waren, wurden an Stelle der Gewerbe- und Kaufmannsgerichte unter Erweiterung der Zuständigkeit 1926 durch das Arbeitsgerichtsgesetz die dreistufigen Arbeitsgerichte gebildet. Sie sind zuständig für alle Streitigkeiten aus dem Dienst- und Arbeitsrecht, aus Tarifverträgen und dergl.
Während des Dritten Reiches wurden einige Gesetze und Gerichte, z. B. die Erbgesundheitsgerichte und das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses sowie das Reichserbhofgesetz und die sog. Anerbengerichte geschaffen. Diese hatten nicht lange Bestand. Denn bereits nach dem Zusammenbruch im Frühjahr 1945 wurden die zuvor genannten Gesetze und Sondergerichte beseitigt sowie alle übrigen Gesetze auf den Inhalt nach nationalsozialistischem Gedankengut überprüft und die entsprechenden Streichungen und Änderungen vorgenommen.
Der Neuaufbau des Gerichtswesens wurde von den Besatzungsmächten im Frühjahr 1945 verfügt. Das Amtsgericht Buchen, das Landgericht Mosbach und das Oberlandgericht Karlsruhe nahmen ihre Tätigkeit bereits im Spätjahr 1945 wieder auf.
Durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 wurde die Gerichtshoheit der Länder bestätigt. Nur im Funktionsbereich der neu geschaffenen obersten Bundesgerichte wurde sie eingeschränkt. Auf dem Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivil- und Strafsachen) ist der Bundesgerichtshof in Karlsruhe oberste Instanz.
Ferner wurden durch das Grundgesetz folgende Bundesgerichte geschaffen: – in Arbeitsgerichtssachen: das Bundesarbeitsgericht Kassel – in Verwaltungsgerichtssachen: das Bundesverwaltungsgericht Berlin – in Finanzgerichtssachen: der Bundesfinanzhof München – in Sozialgerichtssachen: das Bundessozialgericht Kassel.
Schließlich wurde durch das Grundgesetz und das dazu 1951 ergangene Ausführungsgesetz das Bundesverfassungsgericht mit Sitz in Karlsruhe errichtet, das als oberste Instanz über die Einhaltung der Grundrechte, die jedem Bürger der Bundesrepublik Deutschland als einklagbare, unmittelbare Rechte garantiert sind, wacht.
Die Gemeindegerichte, die – wie wir gesehen haben – als Ruge-, Schultheißen- oder Gewährsgerichte im Mittelalter bis in das 18. Jahrhundert eine erhebliche Bedeutung hatten, verloren im 19. Jahrhundert, auch in unserem badischen Raum, sehr stark an Gewicht, da sie in vermögensrechtlichen Angelegenheiten streitwertmäßig sehr stark beschränkt und ihre Zuständigkeit in Strafsachen erheblich eingeschränkt worden war. 1809 waren sie auf dem Land nur bis zu einem Streitwert von 5 Gulden, in den Städten bis zu 15 Gulden zuständig.
Zusätzliche Befugnisse hatten sie nur noch in sog. Dienstbotensachen. Später wurden die Streitwerte nicht wesentlich erhöht, z. B. waren diese 1879 auf 10,- Mark, in den Städten auf 30,- Mark, 1933 auf 100 RM festgelegt.
Schließlich wurden die Gemeindegerichte 1971 ganz abgeschafft, nachdem sie nach dem 2. Weltkrieg als Friedensgerichte noch einmal aufgelebt waren, ihre Inanspruchnahme jedoch immer weiter zurückgegangen war.
Heute haben sie nur noch im Sühneverfahren wegen leichten Körperverletzungs- und Beleidigungsdelikten im Privatklageverfahren eine völlig untergeordnete Bedeutung.

Zusammenfassung

Hatten in der Zeit bis etwa zum Westfälischen Frieden (1648) die deutsch-rechtlichen Elemente, damit also die Laienrichter, die sog. Weistümer und das Herkommen noch Bedeutung, galt im absolutistischen Staat nicht nur der polizeiliche und gesetzgeberische Wille, sondern auch der Justizwille des Landesherren. Wenn im 17. und 18. Jahrhundert von , Justiz“ die Rede ist, ist damit die Rechtsprechung zum Zivilrecht gemeint. Die Strafgerichtsbarkeit war „Policeysache“.
Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auch eine allgemeine Zuständigkeit der Justizbehörden für die Strafrechtspflege geschaffen. Die Garantien, die den Gerichten in der Badischen Verfassung von 1818 zugesprochen worden waren, wie beispielsweise die Unabhängigkeit, bezogen sich bereits auf alle Zweige der Gerichtsbarkeit, also auch auf die Rechtsprechung in Strafsachen. Nachdem bereits die Forderung nach dem „ordentlichen“, „gesetzlichen“ Richter, d. h. nach der vom Gesetz allgemein festgelegten Zuständigkeit, insbesondere in Strafsachen 1628 in England (bill of rights) gefordert worden war, wurde diese Forderung bereits 1791 in Frankreich durchgesetzt. Im deutschen Raum sprach erstmals die Bayerische Verfassung von 1808 vom Verbot, im gerichtlichen Verfahren den Staatsbürger dem ordentlichen Richter zu entziehen, und vom „ordentlichen“ Richter, im Sinne von „gesetzlichen“ Richter, bezogen auf beide Gerichtsbarkeiten. In der Badischen Verfassung von 1818 war festgeschrieben, dass niemand in Strafsachen dem ordentlichen Richter entzogen werden dürfen. Diese Formulierung ging fast wörtlich in die Badische Verfassung von 1919 ein.
Vom gesetzlichen Richter sprachen dann die Frankfurter Verfassung vom 28. 3. 1949 und das Gerichtsverfassungsgesetz von 1877. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 übernahm die Garantie des gesetzlichen Richters, bezogen auf alle Gerichtsbarkeiten.
Im Dritten Reich war es bei dem Nationalsozialismus vorbehalten, eine Rechtsentwicklung von über 100Jahren zu unterbrechen, allerdings und Gott sei Dank, nur für eine relativ kurze Zeit.
Durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 und die Landesverfassungen sind die Gewaltenteilung, die Grundsätze des gesetzlichen Richters und die Unabhängigkeit und Unversetzbarkeit aller Richter in den Ländern und im Bund garantiert.
Was diese Prinzipien wirklich bedeuten und wert sind, haben wir jetzt erst mit aller Deutlichkeit nach Öffnung und Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs durch die Berichte über die rechtlichen und gerichtlichen Zustände im SED-Regime der DDR erfahren. Durch den Beitritt zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 23 werden dessen Garantien auch für unsere Landsleute im anderen Teil Deutschlands Gültigkeit haben.
Eine Zusammenstellung über sämtliche Gerichte und deren Zuständigkeit für Scheringen soll meine Ausführungen über „Recht und Gericht“ abschließen:


I. Ordentliche Gerichte (Zivil- und Strafsachen):
Amtsgericht (Mosbach), Landgericht (Mosbach), Oberlandgericht (Karlsruhe), Bundesgerichtshof (Karlsruhe).


II. Besondere Gerichtsbarkeiten:

  1. Verwaltungsgerichte: Verwaltungsgericht (Karlsruhe), Verwaltungsgerichtshof (Mannheim), Bundesverwaltungsgericht (Berlin).
  2. Finanzgerichte: Finanzgericht (Karlsruhe), Bundesfinanzhof (München).
  3. Arbeitsgerichte: Arbeitsgericht (Heidelberg), Landesarbeitsgericht (Stuttgart), Bundesarbeitsgericht (Kassel). Sozialgerichte: 4. Sozialgericht (Mannheim), Landessozialgericht (Stuttgart), Bundessozialgericht (Berlin).

Das Notariat und Grundbuch

Notariat:
Das Beurkundungswesen lag schon in der zeit DES HEILIGEN RÖMISCHEN REICHES DEUTSCHER NATION in den Händen der Notare. Das Notariat ist auch im kanonischen (kirchlichen) Recht verwurzelt. Notare sind bereits im 13. Jahrhundert in den deutschen Bischofsstädten tätig gewesen.
Neben dem Notariat im kirchlichen Dienst entwickelte sich das öffentliche Notariat. Der Kaiser hatte sich das Recht, das er mitunter auch an seine Pfalzgrafen übertrug, die öffentlichen Notare zu ernennen, zu sichern gewusst. Deshalb ist in älteren Urkunden der kaiserlichen Notare neben dem Namen des Notars der des Kaisers angeführt.
Zu den Obliegenheiten des Centgerichts Mudau, zu dem Scheringen als einer der elf unmittelbaren Orte gehörte, zählten auch die Notariatsgeschäfte, wie Ausfertigung und Siegelung von Kaufbriefen, Ehetrakten, Geburtsbriefen, Urkunden u. a.
Ferner hatte auch, wie das Gerichtsbuch für Limbach und Scheringen belegt, das Ruge oder Gewährsgericht die Aufgabe, Kaufverträge über Grundstücke und über Vieh und andere bewegliche Sachen sowie andere Beurkundungstätigkeiten (Erbteilung, Testamentserrichtung, Versteigerung) vorzunehmen.
Neben dem Kaiser verlieh nach wie vor der Papst das Recht zur Ausübung des Notariats. Deshalb waren häufig Kleriker zu Notaren ernannt worden.
Das erste Formularbuch für das deutsche Notariat erschien im Jahre 1493 in Freiburg/Brsg. Die bestehenden Missstände im Notariat behandelte der Reichstag von Freiburg 1498. Die Reform wurde durch die Reichsnotarordnung Kaiser Maximilian I., erlassen auf dem Reichstag zu Köln im Jahre 1512, abgeschlossen. Danach hatte der Notar sein Amt „nach Inhalt gemeiner Rechte oder löblicher Gewohnheit und Gebrauch eines jeden Orths“ zu führen.
Die Reichsnotariatsordnung, die sich auf Rahmenvorschriften beschränkte, war in Baden bis 1806 in Kraft.
Danach wurden 1806 und 1809 nach „Auflösung der kaiserlichen Reichsgewalt“ die kaiserlichen Notariate in Bezirksnotariate des Gerichtsbezirks überführt. Die Aufgaben waren gegenüber früher erweitert, denn die Notare hatten nicht nur Vorgänge zu beurkunden, sondern den „Willen der Parteien gesetzmäßig schriftlich zu entwerfen.“ Die Unterschrift der Parteien unter die Urkunden wurde gesetzlich vorgeschrieben.
In dieser Zeit gehörte Scheringen zum Notariat Mudau, das als Ersatz für den Verlust des Justizamtes in Mudau geschaffen worden war und mit einigen Unterbrechungen (u. a. 1874 bis 1902) bis zum Jahre 1924 bestand. Danach war das Notariat Buchen für Scheringen bis zur Gemeindereform zuständig. Mit der Eingemeindung nach Limbach kam Scheringen zum Notariat Mosbach.
Durch das Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 und die dazu ergangenen badischen Ausführungsgesetze wurde das Notariat und seine Zuständigkeit als „Amts- oder Gerichtsnotariat“ neu geregelt. Über das Grundgesetz wurde die „Einrichtung des jetzt bestehenden Notariats“ u. a. für Baden, also das badische Amtsnotariat mit seinen Zuständigkeiten für Nachlasssachen (Ausstellung von Erbscheinen, von Erbnachweisen, Verwahrung der Testamente) und Grundbuchsachen (Führung der Grundbücher) neben den eigentlichen Beurkundungstätigkeiten erhalten. In der Bundesnotarordnung von 1961 werden die Notare als „unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes für die Beurkundung von Rechtsvorgängen auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege“ bezeichnet. Sie müssen die Fähigkeit zum Richteramt besitzen und werden auf Lebenszeit bestellt.

Grundbücher:
Der Liegenschaftsbesitz war schon frühzeitig durch sog. „Märker“ oder „Feldschieder“ vermessen und vermarkt und in Büchern festgehalten worden. Diese waren als Grundstücksverzeichnisse angelegt (sog. Salbücher) oder als Verzeichnisse des Grundstücksbesitzes (sog. Stockbücher). Nach bestimmten Landesrechten war (z. B. in Baden) jeder Vertrag über Grundstücke ohne „Übereignungserklärung“ und „Einschreibung“ nichtig und von „Unwurden“. Eine Verzeichnung dieser Ordnung gab es nicht. Solches Recht galt in gleicher Weise in den Gebieten, wie Scheringen, die Anfang des 19. Jahrhunderts zu Baden kamen.
Nach einer Verordnung von 1775 waren für Kauf- und Tauschgeschäfte „Gewährsprotokolle“ aufzustellen. In dem sog. Gerichtsbuch für Limbach und Scheringen finden sich zahlreiche solcher Protokolle des Gewährsgerichts. Für Verpfändungen waren „Unterpfandbücher“ anzulegen. In manchen Gebieten wurden die Eintragungen über Veräußerungen und Verpfändungen in ein- und dasselbe Buch vorgenommen. Auch über Verpfändungen enthält das schon mehrfach erwähnte Gerichtsbuch zahlreiche Eintragungen.
Das seit 1810 auch für unseren Ort gültige badische Landrecht unterschied noch zwischen Grund- und Pfandbüchern. Die Einschreibungen erfolgten durch die Rats- und Gerichtsschreiber.
Am 1. 1. 1900 trat die Reichsgrundbuchordnung in Kraft. Danach sind alle Grundstücke eines Eigentümers in e i n e m Grundbuch zu verzeichnen. Die Belastungen, wie Wege-, Leitungs-, Wohnungs- und Leibgedingsrechte werden in Abt. II, die Hypotheken und Grundschulden in Abt. III, der Grundstückseigentümer in Abt. I, die Flurstücknummer, der Bestand, die Nutzungsart, die Lage und die Größe im sog. Bestandsverzeichnis eingetragen.
Die Grundbücher werden in Baden bei der Gemeinde vom Grundbuchratsschreiber und vom Notar geführt. Scheringen hatte bis zur Eingemeindung nach Limbach, unterbrochen durch die Eingemeindung nach Waldhausen, sein eigenes Grundbuchamt.


Quellen:
H. Rüping: Grundriß der Strafrechtsgeschichte
K. Kroeschel: Deutsche Rechtsgeschichte 1 und 2
Dr. Th. Humpert: Mudau im Odenwald (1954)
P. A. Götzelmann: Das geschichtliche Leben eines ostfränkischen Dorfes (Hainstadt) 1925
Dr. R. Krebs: Vom Zehnten und der Cent (Nr. 6, 1927, „Der Wartturm“)
Dr. R. Krebs: Der Bauernkrieg in Franken 1525
K. Schumacher: Das Land zwischen Neckar und Main in der alemannischen und fränkischen Zeit (Nr. 8, 1926 „Der Wartturm“)
K. Stiefel: Baden 1648 1952 (2. Auflage) Gemeindearchiv Limbach, Generallandesarchiv Karlsruhe, Fl. Archiv Amorbach.

Anhang

  1. Gerichtsbuch: Auszüge aus den Jahren 1681, 1691 und 1692
  2. Untersuchungstabelle über die Polizeivergehen aus den Jahren 1841 bis 1861Schulthes zur Scherring Maro Löser Rügt er sey uff Clag des Endres Münch dem Hanns grimm in sey Hauß gang Und gesagt, er selle seine Geyß dem Endres Vom Garten laße, Hanns Grimm aber hab geantwort er laße die geys nit aus des Endres gart, biß ihme Endres gebe war er ihm schuldig seye, er wiße wohl was Hl. Oberambtman befohl habe, das er ihme alles richtig Zahle solle, der Endres aber gesagt, daß Hannß grimm als sein Schwehr Vatter sey ihm auch noch schuldig, er Habe ihn umb das seinig betrog, der Endres hab weiter gesagt, der Hannß hab ihn angefasht wie ein Mörder, Hanß aber hab geantwohrt, er wolle es ihm noch besser mach., Hannß Grimm habe weiter gesagt, du Endres, du weist was du vor Brüd hast, Zum theil, es ist noch nit lang hat der Deuffel einen geholt. allein ich sag nit wer er sey.
    Hannß Grimm Läugnet, er Habe den Endres mit dem Tremmel nit geschlag, Item er hab auch keine Nahmbhaft gemacht, wen der dibhenker hohle solle.
    Simon Heß von Einbach Rügt das Hanß grimm Zur Ober Scherring Hab Zur ihm under anderem gespräch gesagt ihr Habt leith Zur Einbach, die thun zu Nachts den Leith die Apfel und birn ab.
    Velten Heß von Einbach Rügt, Hanß grimm hab ihm under das gesicht geschnaltzt und gesagt ihr habt Leith Zur Einbach die thun den Leith Zu Nachts die Birn und Nüß ab.
    Hanns Grimm gestehet Simon Hesses Rugen, Velten Heßes des Schultheise Ruge aber, das er ihme under das gesicht geschnaltzt habe solle, will er erwihese habe.

Hanns Grimm betr. von Oberscherring, welch in seiner Aussag, da er Vor des Scherring Schultheis Beschayde worde, Umb bey selbigem zu erforsch waß er Vor Muthmaßung auff die bey einem Ken ingkhler Manen verlohren Nüß und Väßle bej sich habe, den thäter der die Verlohren Sach gefunden, dadurch Zu erforsch. gewolt habe soll, es gebe Leuth zur Einbach, die Apfell und Birn Zur Nachts abthun, Weil die Gemeinde noch Zur Zeit sich dieses Redens nicht ahngenohmbe auch die Rügere selbst bekenne, daß er grimm diese Red nicht uffdie Gmeind sondern uff die weg der Verlohren Nüß nid Mumlung geweßene Persohne Vilmehr gerade habe dörfler, wie er selbst bekennt, Soll es dahir Verschobe bleibe, biß einer Kombt und sich dießer Rede ahn Nimbt.

Actum Limbach den 6. tn Decembry 1691
Ist pramihsis promittendis gewöhliches Rugund Gewährsgericht gehalten worden, und dabei Vongangen wie Volgt alß Wolff Mül1er allhier, Zeigt procuratorio nomine an, wie daß ungefehr Vorm Jahr umb die fasenacht Nicol gramling Von Schehringen Anietzo Zur Eicholzheimb Wohnhaft seinem Sohn Wolf gramling, dann seinem dochterman Burkhart Pfeuffern, Beiden Zur Schehringen, sämbtliche seine Gütter alla Zur Schehringen Zur dorfundt Velt, da von nichts ausgenommen außer den 3tn theyl am Saamen uffen Velt, so er Nicol gramling sich VorbehalEhemalige Heckmanns-Mühle ten, Verkäuflich überlassen, uff mas und weis, wie solches die darüber ausgefertigte Kaufbrief besagten.
Hatte Hannes Schloim, auch zur Schering, seienm Dochtermahn Stephan gramling alle seine gütter, Besag Kauffbriefübergeben Vor undt umb 430 Gulden.
Worüber obige Beerbe, und dieser solito modo gewährt worden. Dabei ist in gegenwarth des gantzen C. gerichts Verabschidet worden, daß das fallente währgelt, Bey des orthswirth, all wohin die gütten gehörig, Verzehrt und dieses Zur Pünktlich nachricht hier ad prothocollum gebracht werde sollte.

Actum Limbach den 16 tn February 1692
Wurde über Volgente Kaufsabhandlung das gewöhnliche gewährs gericht gehalten, und dasselbe im Nahmen Seiner Churfl. gnaden unseres gnedigsten herres p. in presentia des gantzen umbstands auf limbach undt Schering, wie Vor alters her koment Beheget: Es erschien Burckhart Noe Schultheis Von Schehring undt des gerichts allhier, Brachte/: Nach dem promissis curialibus umb die gewöhnliche erlaubnis, sein Wortt für Zu bringen, angesucht: mit mehreren umbständen Vor; demnach genug samblich Bekant, welcher gestallten zwüschen Ober- und Under Schehring ein öther Mühlplatz sambt einen darein gehörig Virtls gurt, denen so genanten lösers: Erben zuständig, ligen thue, Welcher Mühlplatz theils Vermög ergangenen gurfl. gnedigsten Befehls, theils auch Zur Beförderung des gemeinen utiliz, nothwendig müste weder ausgebaut undt in Sorig sam gerichtet werch, Besager lösers: Erbe aber ratione grossen Schulden last undt ermangle uter sonstiger gelt mittel solches in kein Weg prastiren könten.
Actum den 22tn february 1692
Wurde das Zweyer gericht herüber nur in bey sein der gerichts männer, intermihsis alijs cere monijs gehalt wobey sich der Vor 7 tag angemaste Kauffer nebst denen Ver Kaufenten Erben eingefund: Weyln sich auch inzwischen der Robener Müller bey diesem gericht angemeltet undt 5 Gulden weiters Zur geben darauf gebot alß ist das gericht auf nechst komenten donnerstag alß das dritte gericht vorschobe word.
Actum Scheringen von ltn Marz 1692
Wurde das 3te und lezte gericht über disen Mühlhandel Zur Schehring in gegen wart des gantzen umbstands nochmals Beheget, undt mehrmalen uffgebott, da dann der Endliche Schluß mit Adam grambling, Müllern Von Robern, alß plus offerente gemacht word, darin bestehende, alß nemblichen, solle gedachter adam grambling Vor Kaufgelt erleg, Hundert undt achtzig drey guld, sage 183 Gulden, nebst einem halben Malter Korn Jährlich leibgeding, Vor die hinderlassene lösers Wittwe, folgenten Moderation zu Zahl, alß nemblich, Wie auf gemeltJährlich undt ein Jedes Jahr Besonder der lösers Wittwe ein halb Malter Korn Vorleibgeding, Mosbacher gemeß, dann an Kauf Summa 90 Gulden Zur sobaltige angab, Welches Kaufer entweder dem hisig gotteshaus mit gewöhnlicher aufkundigung obleg oder Jährlich Verzinsen sollte, undt weren under disen 90 Gulden so dem gotteshaus eingewisen werd auch die 10 Gulden Zinsung des schuldig Capitals begriff, dafi so gleich 5 Gulden der Ver Kaufferin auf künftig bezahlung Herausgegeben, und der überrestJährlich uff petri Cathedra mit 10 Gulden frist abgetrag, Weg des schweren baues anno 1695 erest der anfang dar mit gemacht, und in so lang Continuirt werd, bis die Völlige Kauf Summa der 183 Gulden Völlig Ver gnugt ist.

Untersuchungstabelle über die Polizeivergehen in der Gemeinde Scheringen von 1841-1861

NameAnzeigerBezeichnung des VergehensTag der AnzeigeWie erledigt?
Valentin K. von hierPolizeidienerNachtwache versäumt26. 3. 184130 Kreuzer Geldstrafe
Jakob B. von TrienzPolizeidienerBettel25. 10. 1841Arrest: 1 Stund + Geldbuße 15 Kr.
Michael H, von hierPolizeidienerTabak in der Scheuer geraucht24. 11. 184115 Kr. Geldbuße
Franz J. K. von hierPolizeidienerNachtschwärmerei8. 5. 1842durch Geldstrafe mit 1 Kr.
Simon H.Herdig, Gendarmunerlaubtem Schießen22. 11. 18462 Kr. Geldstrafe
Peter Sch.Gendarm Bechtner von Limbachverbotswidriges Abhalten einer Spinnstube13. 2. 18511 Gulden = die Hälfte erhoben, die Hälfte in öffentliche Arbeit umgewandelt
Franz J. N.wg. unerlaubter Beherbergung6. 6. 1851Strafe 2 Gulden = die Hälfte erhoben, die Hälfte in öffentl. Arbeit umgew.
Franz N.Gendarm Schöpferhat beim Heuladen Tabak geraucht21. 5. 1853wurde mit 30 Kr. bestraft
13 Güterbesitzer von hierObstbäume Vernachlässigung22. 11. 1854jeden für 15 Kr., also 13 Individuen 3 fl 15 Kr. gestraft
Christine St. von DallauBettel9. 7. 1857Arreststrafe 2 Stunden
Josef F.Polizeidiener BaierNachtschwärmerei/RuheStörung28. 10. 1857Geldstrafe 1 Kr.
Peter E. Karl Sch. Martin Sch.Gänse laufenlassen ohne Hirte, die den Brunnen Kantel verunreinigten23. 11. 1857Geldstrafe, jeder 15 Kr.
Margarete K. von hierIm Brunnenkandel gewaschen21. 6. 1858Geldstrafe 15 Kr., jedoch in einen halben Tag Arbeit umgewandelt
Karl Sch. Bäcker, von hierGendarm Fischerhatte kein vorräthiges Brod2. 7. 1860Geldstrafe 15 Kr., erstesmal und weil das Brod außerordentlich abging, auch Früchte nicht leicht zu haben waren.
Peter M. v. LaudenbergWegeaufseher Baier von hierentfernte Dornen + Gebüsch und warf solche in den Straßengraben15. 4. 1861Geldstrafe 15 Kr.
Michael K. von hierGendarm Höhnweg. Straßenbettel30. 5. 1861mit 4stünd. Arrest (d. Angezeigte ist bekanntlich an Geist und Körper leidend)
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