Emil Scheuermann • Edwin Henn, Scheringen
Unser Wald
Der Schriftsteller Andreas Kalckhoff schreibt, dass schon zu Lebzeiten Karls des
Großen (742-814) also während der Zeit der Ersterwähnung unseres Heimatdorfes, sich die Menschen zu einem Drittel aus Gewässern und Wald ernährten. Auch auf die Erträgnisse aus der Jagd war man angewiesen, denn „zumindest dem Kleinwild durften die Bauern überall nachstellen.“
„Der Wald lieferte Brennstoffe, Holz für Werkzeuge, Wagen und Wohnung, sowie Baumrinde für die Gerbereien, er war Weidegrund für Rinder, vor allem für Schweineherden, die vorzugsweise in Eichen- und Buchenwäldern gemästet wurden“ 1).
Der Gemeindewald
1840 – erstes staatliches Forsteinrichtungswerk
Sinn der forstlichen Einrichtungswerke sollte es sein, aus den mehr oder weniger minderwertigen, bewaldeten Flächen im Laufe der Zeit wertvollen Wald zu schaffen. Aus diesem Grund wollten die Forstbehörden von Anfang an den privaten Weidebetrieb, der auf alten Rechten beruhte, zumindest aus dem Gemeindewald verdrängen.
Die Schäden, die Ziegen, Schafe, Rinder, neben dem Rehwild den Jungbeständen zufügten, waren so enorm, dass nur eine geringe Anzahl von Bäumen ein hiebreifes Alter erreichen konnte. Die Forstbehörden begründeten ihre Maßnahmen vor allem mit dem Hinweis auf die zerstörten, vom Regen ausgewaschenen Waldflächen, in den Ländern Italien, Spanien, Jugoslawien, Griechenland und den damit verbundenen klimatischen Veränderungen.
Erst im Forsteinrichtungswerk von 1955 finden sich Hinweise auf den Zustand des Gemeindewaldes von 1840. Es wurde erwähnt, dass der Wald bis zu vierzigjährig sei und zum großen Teil aus Birken, Buchen und Eichen, Kiefern und Hainbuchen bestand. Wegen der oben erwähnten intensiven Beweidung durch Wiederkäuer und fehlenden Neuanpflanzungen gab es große freie Flächen, deren sich das Heidekraut bemächtigte.
Aus dem ältesten, noch vorhandenen Einrichtungswerk von 1881 kann man ersehen, dass der damalige Gemeindewald „71 Hektare, 44 Are und 20 ⧠ Meter“ umfasste. Hauptholzart war inzwischen die Forle. Sie trat im Mischbestand zusammen mit Lärchen, Fichten und Laubhölzern auf. Forlen werden angesichts der Qualität der Böden wohl Hauptholzart bleiben. Es sollen jedoch der Lärche und vor allem dem Laubholz mehr Chancen eingeräumt werden. Zugleich ist zu ersehen, dass zu jener Zeit das Waldwegenetz noch völlig ungenügend war, und im Gleichklang mit den jeweiligen Holzeinschlägen ausgebaut werden musste.
Im Einrichtungswerk von 1891 zeigt sich dann, dass der Gesamtholzvorrat in den drei Gemeindewalddistrikten von 3275 Festmetern in 1840 auf nunmehr 12 475 Festmeter angewachsen war.
Eine weitere Maßnahme verdient an dieser Stelle ebenfalls erwähnt zu werden. Im Jahre 1884 wurde die Weglinie des heutigen Gemeindeverbindungsweges nach Laudenberg aufgehauen und ausgebaut. Stark überhöhte Hiebsätze zwischen 1891 und 1901 lassen darauf schließen, dass man mit Hilfe des Holzerlöses nicht nur den Gemeindeverbindungsweg, sondern auch die steinerne Elzbachbrücke finanzierte. Da dann, kurz nach der Jahrhundertwende, auch das heutige Schulhaus errichtet wurde, sind mit großer Wahrscheinlichkeit auch Gelder dorthin geflossen. Der Titelseite des Forsteinrichtungswerkes von 1911 kann man entnehmen, dass aus der Oberforstei Buchen inzwischen ein Großherzogliches Forstamt geworden ist, dem nun nicht mehr ein Oberförster, sondern ein Forstmeister vorstand.
Erstmals tauchten in diesem Einrichtungswerk auch Hinweise auf das Bürgergabholz auf.
Laut Gemeinderatsbeschluß vom 18. April 1868 waren in Scheringen 42 Personen gabholzberechtigt. (Brennholz aus dem Gemeindewald). Das jährliche „Recht“ wurde auf 4 Ster und 48 Wellen (Prügel) festgesetzt. Der Reinwert einer Gabe betrug 35 Gulden und 50 Kreuzer 4. Starb ein Berechtigter, rückte in der Regel ein vorgemerkter Nachfolger ein. Wegen wiederholter Streitigkeiten traten immer wieder geringfügige Änderungen ein. Von auswärts Eingeheiratete mussten sich in
den Bürgernutzen einkaufen.
Erst seit 1966 ist durch das Gesetz über das Gemeindegliedervermögen kein Nachrücken mehr möglich.
Dann 1. Weltkrieg, große Not unter der hießigen Bevölkerung und in den Städten. Weiterhin muss die Armee mit Holz versorgt werden. Aus einem Schreiben des Großherzoglichen Bezirksamtes in Buchen an die Scheringer Gemeindeverwaltung:
Die Kriegsamtsstelle teilt folgendes mit:
Die Ausfuhr von Nutzholz aus dem hiesigen Waldüngen ist in letzter Zeit so sehr in Rückstand geraten, dass eine förmliche Holzknappheit eingetreten ist. Es wird daher jeder Einschlag und jede Ausfuhr von Nutzholz bis auf weiteres als dringende Kriegsnotwendigkeit angesehen und behandelt.
Die bestehende Holzknappheit muss unter allen Umständen sofort behoben werden.
Zur ‚Erreichung einer besseren und beschleunigteren Abfuhr hat die Kriegsamtsstelle in Einverständnis mit dem Großh. Ministerium des Inneren das Bezirksamt gebeten, mit allem Nachdruck, allen in den einzelnen Gemeinden irgendwie auftreibbaren Gespanne und zur Holzabfuhr geeigneten Fuhrwerke, durch die Bürgermeisterämter unverzüglich heranziehen zu lassen und gegen säumige und widerspenstige Besitzer mit aller Schärfe vorzugeben.
Selbige sind uns binnen 24 Stunden zu melden.
Wir bemerken ausdrücklich, dass zur Abfuhr von Kleinnutzholz, wie es für den Odenwald hauptsachlich in Frage kommt, auch ‚Rindviehgespanne heranzuziehen sind.
Ausdrücklich wird betont, dass es sich nur um Nutzholz für den Heeresbedarf handelt4).
Dem Forsteinrichtungswerk 1925 kann man entnehmen, dass ein außerordentlicher Holzhieb von 1000 Festmetern vorgenommen wurde. Mit dem Erlös wurde die 1927 erbaute ‚Wasserleitung finanziert. Es ist heute völlig unbekannt, dass unseren Wäldern bald nach der Machtübernahme Hitlers 1933 größte Gefahr drohte. Man wollte einerseits durch Gewinnung von Ackerland in der Lebensmittelversorgung vom Ausland unabhängig werden, andererseits die hohe Arbeitslosenquote reduzieren.
Dazu sollten weiträumig Waldflächen gerodet werden. Dagegen intervenierten jedoch die Forstbehörden mit dem Hinweis auf die ökologische und volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes. „Wertmehrung, nicht Zerstörung sei das Gebot der Stunde“ 4)
Zwischen 1935 und 1945 bildet dann der Scheringer, Einbacher und Waldhausener Wald einen Dienstbezirk. Während des Zweiten Weltkriegs und nach Kriegsende erlitt der Wald hohe Einbußen. Die Besatzungsmächte verfügten zusätzliche Holzeinschläge zugunsten der notleidenden Stadtbevölkerung, der noch hier verbliebenen Ausländer, sowie für ihren hohen Eigenbedarf. So musste Scheringen zu Beginn des Winters 1945/46 70 Ster Brennholz abliefern und für Aufarbeitung und Abtransport Sorge tragen. Bei Nichteinhaltung wurde mit drakonischen Strafen gedroht.
Daraufhin wurde die Zuteilung des Gabholzes ausgesetzt und die Privatwaldbesitzer mussten sich selbst versorgen. Selbst die einheimische Bevölkerung bekam nur geringe Brennholzmengen durch den Bürgermeister zugeteilt. „Die ungeheure Not, in der wir uns befinden, zwingt uns hierzu“, heißt es in einem Schreiben des Landwirtsdiaftsamtes an die Gemeindeverwaltung 4)
Dann, nach Kriegsende, benötigte man für Heimatvertriebene, Evakuierte, Kriegsheimkehrer und Einheimische Baugrundstücke. (Die Einwohnerzahl stieg von 281 auf 405, davon 247 Altbürger, 92 Neubürger und 10 Evakuierte) 4)
Im Distrikt Bannholz wurden damals Bauplatze durch Ausstockung geschaffen.
Wie aus dem 1955 durch Taxator Hemberger, erstellten Einrichtungswerk hervorgeht, hatte sich der Gesamtholzvorrat seit 1840 versechsfacht (von 3 275 fm auf 20 930 fm). Endgültig eingestellt wurde nun auch die, seit Anbeginn aller Taxationen gerügte, Streunutzung durch die einheimischen Landwirte. Dem Waldboden wurde von nun an wertvoller Humus nicht mehr vorenthalten.
Heute besteht der Gemeindewald aus 4 Distrikten (Hardt ca. 6l ha, Müllersbuckel ca. 6,5 ha, Bannholz ca. 5 ha und Stockig ca. 1,3 ha – zusammen ca. 74 ha Gemeindewald).Damit stellt Scheringen in der Gesamtgemeinde Limbach den mit Abstand größten Gemeindewald.
Die Waldstruktur heute
Mit einer Gemarkungsfläche von 414 ha, davon 157 ha Wald, ist Scheringen zwar nicht so stark bewaldet wie andere Ortstele der Gesamtgemeinde, doch es stellt mit Abstand den größten Gemeindewald.
Gemeindewald | Privatwald | Körperschaften | |
---|---|---|---|
Scheringen | 74 ha | 79ha | 4 ha |
Wagenschwend | 23 ha | 253 ha | 167 ha |
Limbach | 23 ha | 131 ha | 89 ha |
Balsbach | 12 ha | 156 ha | 167 ha |
Krumbach | 12 ha | 24 ha | 128 ha |
Laudenberg | 10 ha | 135 ha | 560 ha |
Heidersbach | 4 ha | 273 ha | – |
Insgesamt sind ca. 2 356 ha der Gesamtgemarkungsfläche von 4 360 ha bewaldet, dies entspricht 54% Waldfläche.
Der Privatwald
Die bisherigen Ausführungen galten ausschließlich dem Gemeindewald. Daneben gibt es auf hiesiger Gemarkung etwa genauso viel Privatwald (79 ha), der zu ungleichen Teilen 40 Besitzern gehört.
In den Privatwäldern wirtschaftete früher jeder nach eigenem Gutdünken. Erst während des Dritten Reiches versuchte man von Seiten des Staates Einfluss auf die Bewirtschaftung des Kleinprivatwaldes zu nehmen. Ein Forstmeister, der der nationalsozialistischen Organisation „Reichsnährstand“ unterstellt war, sollte die Wirtschaftlichkeit der Privatwälder fördern. Die häufigste Art der Privatwaldnutzung war über Jahrhunderte hinweg der Niederwald, auch Hackwald genannt. Seine Anfänge reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück und erlebten ihren Höhepunkt im 18. und 19. Jahrhundert. Alle 25 bis 30 Jahre wurden die etwa armdicken Stockausschläge (Eichen, Birken, Buchen) geschlagen. Das Holz wurde zu Meterstücken gesägt2)
Mit den Eichenstämmchen hatte man etwas Besonderes vor. Die Rinde wurde mit dem Klopfbeil so lange geklopft, bis man sie mit dem „Schlitzer“ vom Stamm trennen konnte. Das Kernholz diente als Brennholz, die Rinde wurde von Händlern gekauft und an Gerbereien geliefert2
Da die Ackerböden am Ostrand des Odenwalds wenig ertragreich waren, wurde zwischen die abgehackten Stockausschläge im Mai Buchweizen gesät. Dieser wurde dann im September mit der Sichel geerntet Die Früchte wurden gemahlen und als Steinküchle auf den Tisch gebracht. Sofort nach dem Abernten des Buchweizens, auch Heidekorn genannt, brachte man Staudenroggen aus, der dann im nächsten Jahr ebenfalls mit der Sichel geerntet wurde. Buchweizen und Staudenroggen halfen somit die kritische Zeit vor der Ernte zu überbrücken. Nun konnte der Hackwald wieder geschlossen heranwachsen. Alsdann wurde die nächste Parzelle des Hackwaldes bearbeitet.
Nach 20-25 Jahren war der Niederwald wieder herangewachsen und konnte erneut genutzt werden.
Im Übrigen diente der Privatwald, welcher nicht in der oben beschriebenen Hackwaldbauweise genutzt wurde, seinen Besitzern als Bau- und Brennholzspender.
Noch stärker als der Gemeindewald musste der Privatwald zum Viehtrieb und zur Streunutzung herhalten. Die Spätfolgen der Streunutzung sind bis auf den heutigen Tag nicht zu übersehen.
Das Wissen, dass in früheren Jahrhunderten auch in Scheringen Kohlemeiler standen, war im Bewusstsein der Bevölkerung fast entschwunden. Nur durch Zufall wurden in den Gewannen „Steinig“ und Junger Wald“ die Bodenprofile zweier Kohlenmeiler entdeckt. Ferner deutet der Flurname „Glasacker“ im „Vorder-Bannholz“ darauf hin dass man einst auch dem hiesigen Wald Holz zur Glasgewinnung entnahm, wie dies in vielen Odenwalddörfern geschehen war.
Wenn wir vom Nutzen des Waldes für die Einwohner unseres Dorfes sprechen, dürfen wir nicht die Wichtigkeit der Beeren und Früchte für selbige vergessen.
Das Heidelbeersammeln
Alljährlich im Juni/Juli, wenn die Heidelbeeren reif waren, zog es Frauen und Kinder – es gab Heidelbeerferien – hinaus in den Heidelbeerwald. Frühmorgens ging es los,
bepackt mit Körben und Proviant.
Mühsam war es allemal die kleinen, blauen Beeren zu sammeln, doch es brachte zusätzliches Geld in die Haushaltskasse. Alle Beeren, die nicht selbst verbraucht oder an Verwandte in die Städte verschickt wurden, konnte man zu Sammelstellen im Dorf bringen und. verkaufen. Besonders beliebt war auch der Heidelbeerwein, der an langen Winterabenden seine Wirkung nicht verfehlte.
Da Scheringen an der Ostgrenze des Heidelbeergebietes liegt, drängten alljährlich „Auswärtige“, insbesondere Bauländer, in unsere Wälder. Dies wurde von den Einheimischen jedoch nicht geduldet. Das Bürgermeisteramt ließ Verbotsschilder
für auswärtige Heidelbeersammler aufstellen und der Waldschütz hatte über die Einhaltung zu wachen. Er hatte das Recht die Leute zu vertreiben oder gar zu bestrafen.
Das Bucheckernsammeln
Besonders in den Kriegsjahren 1914-18 wurde dem Bucheckernsammeln eine eminente Bedeutung zuteil. Mit Belohnungen für besonders fleißige Sammler wurde die Bevölkerung zum Sammeln angeregt. So durfte die Hälfte der gesammelten Bucheckern (höchstens jedoch 50 Pfd. jährlich) zurückgehalten werden, es bestand Öl- und Ölkuchenrücklieferungsanspruch und es wurden relativ hohe Preise bezahlt (50 Pfg./Pfd.).
Selbst die Lehrer wurden angehalten mit den Schulkindern zu sammeln, um den größtmöglichen Tel der Ernte einzufahren 4).
Später dann ließen die Leute die Bucheckern zum Eigenbedarf, vornehmlich in der Ölmühle in Auerbach, mahlen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Buchenbestände bei uns so weit zurückgegangen, dass die Sammler in den „Grauen Forst“, östlich der heutigen B 27, ausweichen mussten.
Der Vollständigkeit halber sei die vorzügliche Güte des hiesigen Lärchensamens zur Saatgutvermehrung zu erwähnen. Zapfenpflücker aus Kirchzell übten diesen, überaus gefährlichen Beruf aus. Um sich das mühsame Klettern. zu ersparen, schwangen sie sich. von Baum zu Baum.
Auch der Waldverlust durch Rodung darf nicht vergessen werden. Eine alte amtliche Gemarkungskarte von 1879 belegt eindrucksvoll, welche Waldflächen innerhalb der letzten beiden Jahrhunderte ausgestockt wurden. Ausgestockt wurde beispielsweise
in der „Großen Heumatt“, im „Tanngewann“, „Rothenbuckel“, in der „Tiefheumatt“, im „Bannholz“, im „Aspengewann“ und auf der „Einbacher Höh“ bei der „Hardt“.
Die Gemarkung verlor durch diese Ausstockungen sicherlich viel an landschaftlichem Reiz. Der Verlust an Waldbodenfläche wurde jedoch durch Aufforstungen im Rahmen von „Odenwaldprogramm“ und „Grüner Plan“ in den 50er und 60er Jahren dieses Jahrhunderts wieder ausgeglichen.
Unter diese Programme fielen insbesondere Grenzertragsböden, Ödland, Umwandlung von Nieder- in Hochwald, sowie bedauerlicherweise auch die Aufforstung von landschaftlich einmalig schönen Talauen. teilweise wurden diese Aufforstungen mit 100 % Zuschuß subventioniert.
Unser Wald heute
Man kann vorstehendes Thema nicht abschließen, ohne die heutige Situation unseres Waldes zu betrachten. Nach neuesten Erhebungen ist er bereits durch Umweltbelastungen bis zu 60 % erkrankt. Durch sich andeutende Klimaveränderungen, die in heftigen Stürmen, Trockenperioden, milden Wintern zum Ausdruck kommen, ist der lebenswichtige Ökologieraum Wald stark bedroht.
Um der Verpflichtung unserer Nachwelt gegenüber nachzukommen, muss in Zukunft, auch im Wald, nicht Ökonomie, sondern vielmehr Ökologie Vorrang haben. Nur so hat die Natur und somit auch der Mensch, auf längere Sicht, eine Chance zum Überleben.
Quellen:
1 Karl der Große – Profile eines Herrschers von Andreas Kalckhoff 2 Forsthistorischer Lehrpfad der Stadt Walldürn in Reinhardsachsen 3 Einrichtungswerke Gemeindewald Scheringen – Archiv Forstamt Buchen 4 Verschiedene Akten des Gemeindearchivs Limbach
Nachtrag:
Katastrophe für den Wald
Verwüstungen von unbeschreiblichem Ausmaß hinterließen fünf schwere Stürme innerhalb weniger Wochen in den Wäldern. „Wiebke“, der letzte und schwerste Sturm, fegte in der Nacht zum 1. März mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 200 Stundenkilometern vom Atlantik her über Nordfrankreich, Belgien und Holland, die Bundesrepublik, den Süden der DDR und Österreich hinweg. Ganze Waldgebiete wurden einfach niedergemäht, Bäume wie Streichhölzer umgeknickt. 16 Menschenleben forderte dieser Orkan.
Besonders prekär die Situation in der Forstwirtschaft: Die forstwirtschaftliche Arbeit von Jahrzehnten wurde binnen weniger Stunden zunichte gemacht, die bereits ausgearbeiteten Konzepte für die zukünftige Waldwirtschaft hinfällig. Allein im Forstamtsbezirk Buchen wird mit Windwurfholz in einer Größenordnung bis zu 200000 fm gerechnet.
Bei der Drucklegung dieses Buches war das Sturmholz noch nicht restlos aufgearbeitet, obwohl inzwischen Spezialmaschinen aus Skandinavien, Österreich und Jugoslawien eingesetzt wurden.
Nicht unerhebliche Auswirkungen und Preiseinbußen sind inzwischen auf dem Holzmarkt eingetreten. Vor diesem Hintergrund und angesichts der notwendigen Aufforstungsarbeiten hat der Staat jetzt Zuschüsse für die Privatwaldbesitzer in Aussicht gestellt. Das inzwischen aufbereitete Holz wird vornehmlich „nassgelagert“, d. h. das Holz wird an Bächen und Seen zwischengelagert und gewässert, um es vor Borkenkäferbefall zu schützen. Größere Nasslagerplätze wurden in Buchen am Hollersee, in Neckarburken an der Elz und in Haßmersheim eingerichtet.
Auch im Scheringer Wald richteten die Stürme erhebliche Schäden an. Besonders Haardt und Aspengewann sind stark geschädigt.
Nach ersten Schätzungen dürften im Gemeindewald ca. 1200 fm und in den Privatwaldungen ca. 400 fm Windwurfholz aufzubereiten sein.
Nach den schweren Stürmen verstärkt sich die Diskussion bezüglich der Baumartenwahl bei Neuanpflanzungen. Vornehmlich werden wohl in Zukunft im Staatswald Eichen- und Mischkulturen gepflanzt werden, während die Privatwaldbesitzer wohl an Fichtenkulturen festhalten werden. Der Grund hierfür liegt eindeutig in der Wirtschaftlichkeit. Während Fichtenbestände schon ab etwa l00 Jahren ein hiebreifes Alter erlangt haben, dauert dies bei Buchen (ca. 150 Jahre) und bei Eichen (ca. 250 Jahre) erheblich länger.